Chill filtration – Kältefilterung

Whiskyflasche Trübung KältefilterungKältefilterung – im Original auch ‚Chill Filtration‘ gennant – kann ein Teil des Prozesses zur Herstellung von Whisky sein. Muss aber nicht. Und das ist auch nicht unbedingt notwendig oder gut. Viele kleinere Destillerien verzichten mittlerweile darauf, fast alle unabhängige Abfüller sowieso und auch etliche große Brennereien sind bisher auf den Zug der Nicht-Filterung aufgesprungen. Welchen Effekt hat aber die Kältefilterung auf einen Whisky – optisch und geschmacklich. Was sind die Vorteile, wo liegen Nachteile?

Der Gelegenheitswhiskygenießer wird den Unterschied zwischen einem gefilterten und einem nicht gefilterten Whisky am ehesten bemerken, wenn der Whisky kalt wird. Ein kalter Whisky, der nicht kältegefiltert wurde, wird trüb und undurchsichtig. Man spricht dann auch von ‚chill haze‘ oder ‚Scotch Mist‘. Diese Trübung entsteht zum Beispiel, wenn (sehr) kalte Außenluft die Temperatur des Whiskys beeinflusst oder wenn man vor dem Trinken kaltes Wasser oder Eis in den Whisky gibt. Ob ein Whisky dafür lediglich einen Alkoholgehalt von maximal 46% besitzen darf, lasse ich mal als Gerücht im Posting stehen, da für das Auftreten des Chill Haze eher die Kombination von Alkoholgehalt und Temperatur ausschlaggebend sein wird.

Ein Whisky wird dem Prozess der Chill Filtration also speziell deshalb unterzogen, weil Hersteller Angst haben, dass der Kunde die Flasche und ihren Inhalt wegen eines vermeintlichen Qualitätsmangels im Falle einer Trübung beim Händler reklamiert. Doch genau dieser Mangel ist ein Zeichen für das pure Aroma. Ansonsten fällt der Unterschied eigentlich nur auf, wenn der Inhalt einer Flasche oder eines Glases sehr genau untersucht wird. Das ist aber eher ein Aufgabe für die fortgeschrittenen Connoisseurs.

Wird ein Whisky kältegefiltert, werden ihm langkettige Fettsäuren entzogen, die ihren Ursprung in der gemälzten Gerste und den Wänden der Hefezellen haben und durch den Destillationsprozess ganz natürlich in den Whisky gelangen. Daher tritt der Effekt der Eintrübung bei Abkühlung auch gerne beim Brauen von Bier auf. Nach der Lagerung in Fässern und vor der Abfüllung in Flaschen wird ein Whisky für diese Art der Filterung auf Temperaturen unter 4°C abgekühlt. Üblicherweise liegt die Temperatur sogar knapp unter dem Gefrierpunkt. Um Physikern an dieser Stelle ein wenig auf die Sprünge zu helfen: hiermit ist die Temperatur von 0°C gemeint. Je weiter die Temperatur gesenkt wird, desto mehr Bestandteile können gefiltert werden und desto ‚reiner‘ wird der Whisky. Die zu filternden Teile wie Proteine oder Ester klumpen bei niedrigen Temperaturen zu mikroskopischen Größenordnungen zusammen und können so relativ einfach an einem Filter ausgeschieden werden.

Dieser Prozess hat aber seine Nachteile. Genau aus diesem Grund ist der Vorgang der Kältefilterung unter den Genießern in den letzten Jahren in die Kritik gekommen. Die Worte ’non-chill filtered‘ auf einer Flasche sind mittlerweile zu einem Qualitätsmerkmal und teilweise auch zu einem Kaufkriterium geworden. Doch warum? Zum einen liegt es daran, dass eingefleischte Whiskykenner ihren Tropfen am liebsten so naturbelassen wie möglich genießen möchten. Zum anderen werden das Aroma und das Mundgefühl eines Whisky durch eine Filterung und die Entfernung von Fettsäuren als Geschmacksträger beeinflusst. Um hier als Otto-Normaltrinker einen Unterschied bemerken zu können, muss aber schon bei etlichen Minusgraden gefiltert werden. Viele Whiskyliebhaber argumentieren dennoch, dass ihnen nicht das maximale Geschmackserlebnis präsentiert wird.

Einen Whisky nicht zu filtern, liegt also im Trend. Doch vielleicht sollte ich diese Aussage gerade noch ein wenig präzisieren. Gefiltert werden nahezu alle Whiskys, um Schwebeteilchen wie Kohle oder Holzpartikel zu entfernen, die sich während der Lagerung von der Fasswand gelöst haben. Natürliche Geschmacksstoffe werden bei dieser Art der Filterung allerdings nicht entfernt. Eine Kältefilterung geht also weit darüber hinaus.

Experten wie Dave Broom gehen davon aus, dass nur noch sehr wenige Single Malts bis zum Ende des Jahrzehnts kältegefiltert werden. Dazu trägt nicht zuletzt der Wunsch der Verbraucher bei, dass Produkte wie Whisky so naturbelassen wie möglich konsumiert werden sollten. Hinzu kommt, dass ein Whisky vom Master Distiller immer vor einer möglichen Kältefilterung getestet, um dann für eine Abfüllung in Flaschen für gut genug befunden zu werden. Warum sollte sich der Whiskyliebhaber also mit etwas zufrieden geben, was danach noch einmal verändert wurde? Blends werden diesem Trend jedoch wahrscheinlich widerstehen können, da der Verbraucher diesen Produkten mit einer anderen Einstellung begegnet.

Die Kältefilterung wird also grundsätzlich aus kosmetischen Gründen eingesetzt, damit der Konsument von einer abweichenden Optik seines Getränks nicht abgeschreckt wird. Wer aber ein wenig Geduld mitbringt, der wird erleben können, dass ein trüber Whisky nach seiner Erwärmung auf Zimmertemperatur wieder klar wird. Im Übrigen trüben viele Flüssigkeiten ein, wenn sie abgekühlt werden. Dazu zählt beispielsweise auch Olivenöl. Hier sind einige Produzenten allerdings auf die Idee gekommen, dieses Phänomen dem Verbraucher auf dem Flaschenetikett näher zu bringen. Gnadenlos gute Idee!

PS: Mit bestem Dank an Whiskycuse für das interessante Bild 😉

7 Gedanken zu “Chill filtration – Kältefilterung”

  1. Gerne :-). Die Idee, ähnlich wie bei Olivenöl, einen Vermerk auf der Flasche zu machen, hatte ich ja in meinem Beitrag zu dem Thema auch schon formuliert, und ich kann nach wie vor nicht verstehen, warum das nicht gemacht wird. Zumahl die Filterung doch sicher entsprechendes Geld kostet (Maschinen, etc.). Vielleicht verbreitet sich diese Idee ja im Netz, wenn die in entsprechend vielen Beiträgen auftaucht, und ein Hersteller liest das mal und handelt entsprechend…

    1. Endlich mal einer, der meine Posts bis zum Ende liest 😉

      Naja, momentan sind es ja mehr die Händler selber, die den Kunden mit Beilegezetteln darüber informieren, dass ein trüber Whisky beim Versand im Winter nichts Ungewöhnliches ist. Ich würde mich aber auch freuen, wenn die Destillerien dem fachfremden Kunden statt eines nichtssagenden ’non-chill filtered‘ lieber eine aufklärende Botschaft auf die Flasche drucken würden.

  2. Wie kommst du auf die Idee, dass deine Artikel nicht bis zum Ende gelesen werden? Ah – fishing for compliments? 😉
    Was mich mal interessieren würde, wäre eine quantitative Auswertung, wieviele Whiskys denn tatsächlich non-chill filtered verkauft werden. Gemessen am Gesamtumsatz der Single Malts und auch am Umsatz Single Malts+Blends. Vielleicht ist das Malthead-Klientel eine viel zu kleine Zielgruppe, als dass es sich für die Produzenten lohnt, zusätzliche Prozesse und Beschriftungen in Betracht zu ziehen. (Die kleinen UAs, die diese Nische speziell bedienen, einmal außen vor). Jemand vielleicht auf der Suche nach einem Thema für eine Doktorarbeit?
    Dein Gedanke, dass der Master Distiller/ Blender ja vor der Chill-Filtration probiert und der Kunde nicht genau das bekommt, was der auf der Zunge hatte, ist ein interessanter Aspekt. Aber dann dürfte ja auch die „normale“ Filterung nicht erfolgen. Und was da so alles im Fass schwimmt, kriegt man ja bei den Raw Cask-Abfüllungen zu sehen. Inwieweit prögt das den Charakter des Single Malt? Ein hochinteressantes Thema. Wenn man das bei Whiskytastings anschneidet, gibt es immer rege Diskussionen. Ähnlich wie bei der Frage „Wasser zugeben oder nicht?“… 🙂

    1. Hallo Petra,
      Nein, Fischen ist nicht so mein Ding. Da gehe ich lieber zum Fischhändler meines Vertrauens. Ähnlich also wie beim Whisky, den ich auch nicht selber mache oder fange… und mein Fischhändler auch nicht 😉
      Aber die Idee mit einer Promotion zum Thema ist eine interessante Idee. Wenn das mit vielen Besuchen vor Ort und mindestens ebenso vielen praktischen Versuchen an diversen gefilterten und nicht gefilterten Abfüllung verbunden ist, könnte ich mich vielleicht noch einmal zu dem Aufwand überreden lassen.
      Ich glaube aber, dass ein MD bei seiner Auswahl Holz- und Kohlepartikel vom Geschmack einer zukünftigen Abfüllung ausreichend gut abstrahieren kann. Der geschmackbildende Anteil dieser Stoffe sollte auch nicht so groß sein… außer wenn man länger auf größeren Stücken rumkaut.
      Ansonsten hast du aber Recht: Whisky ist im Großen und Ganzen schon für viele eine Religion 🙂
      Gruß, Stefan

    2. Ach so, vielleicht hat die SWA ja eine Antwort auf deine Anteil-Frage auf Lager?!? Die müssten sowas doch am ehesten wissen.

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