Das gewisse Extra an Geschmack

Whisky mit extra Geschmack von Honig oder ScharzkirscheWhisky hat seinen ganz eigenen Geschmack. Manchmal ist er rauchig, manchmal ist er fruchtig, meistens ist es eine Mischung aus allen möglichen Aromen. Und gerade diese Vielfalt macht den Whisky so interessant. Hat man dazu noch einen Single Malt Whisky aus Schottland im Glas, kann man sicher sein, dass man nur Aromen präsentiert bekommt, die aus Destillation und Lagerung stammen. Es gibt keinerlei Zusatzstoffe, die den Geschmack beeinflussen würden. Teile der Whiskyindustrie bieten nun allerdings immer häufiger Spirituosen basierend auf Whisky an, die das gewisse Geschmacksextra durch künstlich zugesetzte Aromen erhalten. Allen voran Whiskyliköre mit Aromen von Honig, Zimt oder Schwarzkirschen.

Angefangen hat es wohl 1976 mit einer Spezialausgabe vom Wild Turkey Liqueur, zuletzt im Jahre 2006 als ‚American Honey‘ auf den Markt gebracht. Diesem wurden Honigaromen zugesetzt, um einen lieblicheren Geschmack für ein breiteres Publikum zu erzielen. Man meinte wohl, dass ein gewöhnlicher Wild Turkey zu wenig Attraktivität für die Masse besaß. An dieser Maxime orientieren sich auch die heutigen Produktionen von ‚flavoured spirits‘, ohne dass sich dies eigentlich auf Whiskys begrenzen kann. Hier geht es auch um Wodka und andere Spirituosen, deren Geschmack gezielt manipuliert verändert wird.

Kann man hier eigentlich schon erkennen, dass ich eher der puristische Genießer bin?

Mit der Markteinführung vom Jim Beam’s ‚Red Stag‘ schaffte 2009 der aromatisierte Whisky seinen Durchbruch. Jedenfalls in den Vereinigten Staaten. Seitdem haben in den USA viele großen Whiskybrennereien nachgezogen. Heaven Hill präsentierten den Evan Williams Honey Reserve und den Cherry Reserve, Brown-Forman produzierte den Early Times Fire Eater und den Blind Archer sowie Jack Daniel mit dem Tennessee Honey. Hinzu kamen in Europa unter anderem Bushmills Irish Honey und Dewar’s Highlander Honey.

Die große Fokusgruppe: Frauen. Das dies wirkt, lässt sich an den Verkaufszahlen für den Red Stag und anderen aromatisierten Nachfolgern ablesen. Hiernach ist jeder zweite Konsument eine Frau. Dieses Argument ist natürlich in der Whiskyindustrie nicht unbedingt gerne gesehen, aber wer weiß – vielleicht kann man ja so den gemeinschaftlichen Genuss von Whiskys durch Mann und Frau anregen. Hinzu kommt die jüngere Generation, für welche wenigstens der Red Stag auch als Longdrink in Dosen mit zusätzlichen Aromen von Ginger Ale und Limette abgefüllt wird.

Wie soll man aber diesen Trend nun generell bewerten? Im optimalen Fall ist es doch so, dass man die aromatisierten Whiskys als ‚Einstiegsdroge‘ ansehen kann. Hat man sich einmal für den Geschmack einer solchen Spirituose aus dem Hause von Jim Beam oder Dewar’s begeistern können, ist dies womöglich ein Türöffner für einen echten Blend ohne Geschmackszusätze. Und später eventuell auch an einem echten Single Malt – falls man nicht aus den USA kommt. Hinterlegt man diesen Gedanken mit dem Erfolg einer Mischung von Bourbon mit Cola oder mit Ginger, könnte die Rechnung auch aufgehen. War man zumindest in der Chefetage von Jim Beam mehr als skeptisch, gab der Erfolg den Machern doch Recht.

Der produktive Hintergrund solch nachträglich aromatisierter Spirituosen kann dabei sehr unterschiedlich sein. Während dem 4 Jahre lang im Fass gereiften Destillat des Red Stag Aromen von Schwarzkirschen hinzugegeben werden, handelt es sich beim Tennesse Honey um einen Blend aus Jack Daniel’s Tennesse Whiskey und einem ebenfalls durch Jack Daniel hergestellten Honigbrand.

Whiskyliköre sind heutzutage schon in der Regalen eines jeden gut sortierten Whiskyhändlers zu finden. Egal ob Southern Comfort, Drambuie, Paddy’s, Famous Grouse, Johnnie Walker, Jim Beam’s weihnachtlichem Hot Punch, Sahnelikören von Edradour und Arran, so springen neben etablierten schottischen Single Malt Brennereien wie Old Pulteney, Glenglassaugh, Tullibardine, Glenfiddich oder Macallan auch Produzenten aus deutschsprachigen Landen wie Slyrs, Owen, Ziegler oder Langatun auf den schnell Gewinn bringenden Zug auf.

Nun ja, ein Malthead wird diesen Produkten wohl nur wenig abringen können. Doch warum sollten sie nicht als Grundlage für Longsdrinks dienen? Kirschen machen sich dort immer gut. Oder warum sollte man dem ‚echten‘ Mann sein Barbeque nicht mit einer Marinade aus Honigwhisky schmackhafter machen? Letzteres könnte ich mir sogar sehr gut vorstellen, völlig unabhängig von meiner Selbsteinschätzung als Mann.

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