Der Wert von Kellerfunden

Whisky Macallan 1876 ReplicaLeider habe ich das noch nicht selber machen können, einen wertvollen Kellerfund. Jedenfalls nicht mit Whisky. Einen 63er Bordeaux aus einem Keller eines alten Gutshofes habe ich vor zwei Jahren schon mal geschenkt bekommen mit den Worten: Nimm ihn mit, er wird mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso nicht mehr genießbar sein. Aber in einem alten Keller oder auf einem Dachboden einen vergessenen und guten (= wertvollen) Whisky zu finden, ist zweifellos nicht ganz so einfach. Und dafür gibt es gleich mehrere gute Gründe.

Hierfür sollte man sich zunächst die Nachfrage und den Verkauf von Whisky im Vergleich zu Wein in den entsprechenden Zeiträumen ansehen. Wein wurde schon fast immer in relativ hoher Menge konsumiert. Und wegen des erschwinglichen Preises von Weinen konnte man sich auch ein paar mehr Flaschen seines Lieblingstropfens ins Weinregal legen. Für einen besonderen Anlass aufheben, so zu sagen. Das machen mit Whisky nur wirkliche Liebhaber, die aber seinerzeit noch schwer zu finden waren.

Whisky und insbesondere Single Malts wurden ja vor noch nicht allzu langer Zeit erst ‚erfunden‘ und international nicht vor den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts populär. Es wird hier also wirklich eine Seltenheit sein, wenn man außerhalb von Schottland auf einen nennenswerten Kellerfund stößt. Ein erster guter Grund also, warum man wohl eher auf einen guten alten Wein stößt, als auf einen guten alten Whisky.

Dennoch schreiben in den vielen Whisky-Foren immer wieder fündig gewordene Glücksritter über die ein oder andere Flasche, die überraschend wieder das Licht der Welt erblickt. Egal, ob es sich hier um Blends oder Single Malts handelt. Eine kleine Rarität ist eine jede solche Flasche. Die Frage ist nur, ob es sich dabei auch um eine wertvolle, das heißt nachgefragte Rarität handelt. Und hier werden viele Glücksritter leider negativ überrascht.

Denn welche Gründe kann es noch geben, dass die betreffende Flasche nicht getrunken wurde? Am Wahrscheinlichsten wird es doch sein, dass der Besitzer sich nicht viel aus Whisky machte und ein Geschenk einfach als Deko in eine Ecke gestellt hat. Doch Hand auf’s Herz, wer würde dieser Person schon einen wertvollen Whisky schenken? Es kann natürlich auch sein, dass der Besitzer was von Whisky verstanden hat. In diesem Fall wären dann aber bestimmt noch weitere interessante Flaschen im Keller zu finden. Alternativ könnte die Flasche jedoch auch überlebt haben, weil der Besitzer wusste, dass es kein besonders guter Whisky war.

Es gibt also einige gute Gründe, warum der Kellerfund nicht mehr als eine 08/15-Standardabfüllung sein sollte, die heute niemanden interessiert.

Aber wie kann man als Laie erkennen, wann eine Flasche überhaupt was wert sein könnte? Hierfür eine Faustregel zu finden, ist sicherlich schwierig. Man kann jedoch sagen, dass eine Standardabfüllung, wie beispielsweise ein 12-jähriger Glenfiddich, für Sammler unabhängig vom Alter uninteressant sind, da es sich hier um eine Abfüllung handelt, die man heute auch noch für wenig Geld in jedem Supermarkt kaufen kann. Die Wertsteigerung geht gegen Null. Es hat eben Vor- und Nachteile, dass Whisky im Gegensatz zu Wein in der Flasche nicht altert.

Wem jedoch eine Flasche in die Hand fällt, die von einer limitierten Abfüllung stammt, sollte hellhörig werden. Erkennen kann man solche Flaschen an der Nummerierung auf dem Etikett, die die Nummer des Fasses bzw. der Flasche aus einem Fass angibt. Für Sammler interessant könnten auch Flaschen sein, die von einer in der Zwischenzeit geschlossenen Destillerie stammen. Da empfiehlt sich ein Blick ins Internet, zum Beispiel auf diese Seite des Whisky Journals.

Das Internet ist generell ein guter Ort, um sich ein erstes Bild über den Preis eines Kellerfundes zu machen. Gute Anlaufstellen sind Online-Shops, Auktionshäuser wie eBay oder Sammlerbörsen wie die deutsche Seite WhiskyAuction.com oder die britische Seite The Whisky Exchange. Wenn man gar nicht fündig wird, kann auch ein Blick in die Webseite Historic Glass Bottle Identification (ist auch sonst sehr unterhaltsam) weiterhelfen. Weniger geeignet sind für den Start der Suche Whiskyforen, denn dort kann man wegen der Häufigkeit der Frage schnell auf genervte Ablehnung stoßen. Wenn man allerdings einen für sich akzeptablen Preis ermittelt hat, kann man in den Foren für seinen Fund dezent werben und mal unverbindlich nachfragen, ob es Interessenten für einen Kauf gibt. Dann aber bitte nur mit ausführlicher Beschreibung der Flasche und wenn möglich mit Bildern von Flasche und Etikett.

Ach so, meinen Kellerfund-Bordeaux von 1963 habe ich nicht versucht zu verkaufen, sondern mit ein paar Freunden getrunken. Es war eine sehr interessante (und leckere!) Geschmackserfahrung, die ich so wohl nie wieder machen werde. Einfach was Besonderes.

4 Gedanken zu “Der Wert von Kellerfunden”

  1. A propos Kellerfund. Vor einigen Tagen habe ich beim Entrümpeln meines Kellers ein paar Münzen gefunden, darunter auch eine 20 Dollar Goldmünze von 1904. Soll angeblich ca. 1.500 Euro wert sein. Ansonsten liegen im Keller noch zwei Chianti, die wir uns bei unserer Hochzeitsreise angeschafft haben und auf eine gute Gelegenheit warten.

  2. Meine Erfahrung sagt mir für diesen Fall: Eine gute Gelegenheit ist immer die nächstbeste. Sonst wird der Wein sowieso nie getrunken. Der Vorteil von Chianti ist natürlich, dass er in einer Flasche lagernd nicht schlechter wird 😉

    Und für die Goldmünze würde ich mir ein paar japanische Whiskys kaufen. Denn versuch mal Gold in schlechten Zeiten zu trinken…

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