Frauen in der Whiskywelt

Bessie Williamson Distillery Manager LaphroaigSie sind zwar eher rar gesät, aber es gibt sie durchaus: Frauen in der Whiskywelt. Egal, ob man nun in die Besitzbücher von Destillerien schaut, in die Produktion des Wassers des Lebens, hinter die Namen unabhängiger Abfüller, in das Impressum diverser Blogs oder in die Räume von Whiskymessen, Whisky ist keinesfalls länger etwas, das uns die Wild West Filme der 60er Jahre noch beigebracht haben. Statt Statussymbol harter Cowboys (und vereinzelter Cowgirls) ist Whisky, insbesondere Single Malt, heute eine Sache des guten Geschmacks geworden. Und dieser sprach, spricht und wird hoffentlich noch viele Frauen ansprechen.

Die Rolle von Frauen in der Whiskyindustrie ist dabei erst gar nicht zu unterschätzen. Weibliche Pioniere haben schon im 19. Jahrhundert marode Brennereien durch Innovation und Modernisierung vor dem Untergang bewahrt und echte Marken erschaffen. Genannt seien hier Bushmills in Irland, Laphroaig von der schottischen Isle of Islay, Maker’s Mark in den Vereinigten Staaten oder über Umwege auch die heutige Weltmarke Johnnie Walker. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es natürlich auch viele Frauen, die Whisky und andere Spirituosen im eigenen Haus brannten, um die Familie ernähren zu können.

Als Vorreiter sollte man(n) unter anderem diese beiden Frauen hier ansehen:

  • Elizabeth Cumming als Eigentümerin der Cardhu Destillerie in der Speyside, die am Ende des 19. Jahrhunderts die alten Brennereigebäude an William Grant verkaufte, um auf neuem Land eine modernere Produktion mit dreifacher Kapazität aufzubauen. Diese neue Destillerie verkaufte sie nach 20 Jahren an John Walker & Sons, die den dort produzierten Single Malt nun endlich in eigener Verantwortung als wichtige Zutat für den weltweiten Siegeszug ihres Blends ‚Johnnie Walker‘ einsetzten konnten.
  • Bessie Williamson, die nach dem 2. Weltkrieg Distillery Manager(in) von Laphroaig wurde. Die Arbeit begann dort für sie mit einem 3-monatigen Sommerjob als Sekretärin in der Brennerei und endete erst nach knapp 40 Jahren, in denen sie mehr als erfolgreich Einfluss auf Management, Produktion und Vermarktung nahm. Unter anderem sorgte ihre Weitsicht dafür, dass Laphroaig’s Warehousemanager nicht in den Krieg ziehen musste und sich stattdessen um 8000 Fässer mit reifendem Single Malts kümmern konnte. Außerdem muss ihr die Schuld für den Siegeszug von getorften Single Malt Whiskys und damit generell für die weltbekannten Islay Whiskys auch von Bowmore oder Lagavulin gegeben werden. Zudem wurde Single Malt Whisky zu ihrer Zeit als Vertreterin der Scotch Whisky Association nicht nur in den USA zu einem Erfolg.

Georgette ‚Georgie‘ Crawford ist eine weitere Destilleriemanagerin, angestellt bei Lagavulin auf Islay und damit Teil des erfolgreichen Imperiums von Diageo. Deirdre Mahlan ist die Finanzdirektoring dieses Unternehmens. Stella David ist Vorstandsvorsitzende von William Grant, die unter anderem für die Produktion von der Whiskys von Glenfiddich und Balvenie stehen. Hinzu kommen Master Blender wie Rachel Barrie (Morrison Bowmore), Angela D’Orazio (Mackmyra), Kay Fleming (Glenkinchie) oder Stephanie Macleod (Dewar’s) sowie Mhairi McDonald als Produktionsmanagerin bei Glenglassaugh, Victoria MacRae-Samuels bei Maker’s Mark, Gillian Macdonald bei Glenmorangie, Maggie Miller vom Scotch Single Malt Circle (SSMC) oder Theresia Lüning, die mit The Whisky Store den größten Whiskyversand Deutschlands aufgebaut hat. Habe ich jemanden nicht genannt? Mit Sicherheit!

Nein, nein, Frauen sind in der Whiskybranche von heute wesentlich normaler als noch vor 50 Jahren. Zumal man auch herausgefunden haben will, dass Geruchs- und Geschmackssinn bei Frauen im Durchschnitt ausgeprägter sind als bei Männern – was natürlich beim Verkosten und Vatten von Whiskys von Vorteil ist.

Schaut man sich ein wenig im Internet um, dann werden auch hier immer mehr Homepages und Blogs aufgebaut, die vornehmlich von Frauen betreut werden. Zu nennen wären hier beispielsweise Onlineshops wie whisky-doris.de von Doris Debbeler oder irish-whiskeys.de von Mareike Spitzer sowie weitere Shops, die – wenigstens nach außen hin – eher gleichberechtigt betrieben werden. Auch unter den Bloggern zum Thema Whisky tummeln sich mittlerweile etliche Frauen:

Der für mich entscheidende Unterschied an Blogs, die von Frauen über Whisky geschrieben werden, ist der Sichtwinkel. Hier geht es weniger um Fachsimpelei, um Alkoholprozente oder um Lagerbedingungen. Vielmehr stehen häufiger das Leben hinter dem Wasser des Lebens im Mittelpunkt, Passion, Gefühl und eine Menge interessanter Hintergrundinfos, die ein Mann kaum erfragen würde. Und das ist gut so. Das gibt dem Verständnis vom Whiskygenuss eine weitere Dimension, die ich nicht mehr missen möchte.

Zu guter Letzt gibt es natürlich auch diverse Versuche der Whiskyindustrie, noch mehr Frauen für den Genuss von Whisky zu gewinnen. Dafür wurden nicht nur geschmacklich gezielt angepasst Abfüllungen auf den Markt gebracht, es wurden auch Werbekampangnen auf die Zeilgruppe ‚Frau‘ zugeschnitten, wie zum Beispiel Campari’s Women & Whiskies auf Facebook. Die britische Supermarktkette ASDA hatte 2010 in einer Umfrage entsprechend herausgefunden, dass 35% aller befragten Frauen dem Genuss von Whisky nicht abgeneigt sind. Sie stehen immerhin für 20% des britischen Konsums von Single Malts – was wohl auch nicht weit entfernt von generellen Durchschnitt liegen dürfte.

Aber können Frauen wirklich durch bestimmte Geschmacksrichtungen angesprochen werden? Ich glaube nicht. Meine Frau lässt zum Beispiel für einen Laphroaig 10yo einiges stehen, findet aber auch Gefallen an einem Auchentoshan aus den Lowlands oder einem Glenturret. Ich glaube eher daran, dass Frauen neuen Eindrücken gegenüber nicht abgeneigter sind als Männer. Und wenn man nicht direkt mit einem Single Malt in Fassstärke oder einem Ardbeg anfängt, kann der erste Eindruck bestimmt ein positiver werden.

Für diejenigen, die neugierig geworden sind, ist in München für den 9. Februar von Monika Ledermann ein Whiskyseminar nur für Frauen mit dem Titel ‚Women’s World of Whisky‘ organisiert, bei dem für 85 Euro 7 sogenannte ‚Premium Whisk(e)y‘ ausgeschenkt werden. Als Zielgruppe werden Frauen ohne Whisky-Vorkenntnisse angesprochen, aber auch erfahrenere Whisky-Freundinnen, die es genauer wissen wollen. Und in Glasgow, also praktisch direkt an der Quelle aller Single Malts, gibt es im Pub ‚Pot Still‘ mittlerweile einen Whisky-Club nur für Frauen.

Eigentlich verwunderlich, dass Jack Daniel, Johnnie Walker und Jim Beam nur nach Männern benannt wurden, oder?

5 Gedanken zu “Frauen in der Whiskywelt”

  1. Hi Stefan, schöner Artikel. Gillian Macdonald war einmal bei Penderyn, heute ist sie bei Glenmorangie beschäftigt. Cheers Ernie

    1. Hi Ernie,
      Danke für die Blumen und für den Tipp.
      Verdammt, ich dachte nicht, dass sich in Schottland Dinge so schnell ändern können 😉
      Slainte, Stefan

  2. Hallo Stefan,
    vielen Dank für diese tolle Zusammenstellung. Natürlich kann ein solcher Überblick niemals vollständig sein, aber drei Frauen würde ich gerne noch ergänzen: erstens Peggy Noe Stevens, die eine Cousine des legendären Booker Noe ist. Sie war jahrelang Bourbon Ambassador für Woodford Reserve und durfte auch als erste Frau den Titel „Master Taster“ tragen. 2011 hat sie den Club „Bourbon Women“ gegründet, um Frauen eine entsprechende Plattform zu bieten. ( http://www.bourbonwomen.org ) Mitglied in diesem Club ist Carla Carlton, die den Blog „Bourbon Babe“ betreibt ( http://thebourbonbabe.com ) und dann wäre da noch die Kanadierin Johanne McInnes, die als „Whiskylassie“ bloggt ( http://whiskylassie.blogspot.com ) und vor kurzem durch ihre Kampagne gegen den Werbespot von Dewar’s Baron von sich reden machte….
    An dem Münchner Whisky-Seminar für Frauen kann ich leider nicht teilnehmen, München ist mir derzeit zu weit, aber ich hoffe sehr, dass ich irgendwann einmal die Gelegenheit habe, mit dir einen Dram zu verkosten – vielleicht auf der Hansespirit? 🙂
    Cheers, MargareteMarie

    1. Hallo MargareteMarie,
      Lieben Dank für deine Ergänzungen! Du hast schon Recht, dass immer Namen fehlen werden. Trotzdem wurmt es mich, dass es so ist… aber gut, dafür gibt es ja Experten in Deutschland, die gerne aushelfen 😉
      Auf die Hansespirit komme ich leider nicht. Die Anfahrt aus DK ist dafür einfach zu umständlich und ich schaffe das nicht an einem Tag. Meine nächste Messe in Deutschland wird hoffentlich die Whiskyfair im Mai werden. Vielleicht dann dort? Würde mich auf jeden Fall freuen!
      Slainte, Stefan

      1. Limburg ist fest eingeplant:-) Lass uns das im Auge behalten, wäre toll, wenn es klappt! 🙂

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