Whiskyreise – Teil 9: Ardbeg, die Dritte

Schottlands Landkarte in NationalfarbenTag 9, Islay, die Abreise

Nachdem wir in den vergangenen Tagen ja schon einiges erlebt und alle Brennereien gesehen hatten, wollten wir zum Abschluss unserer Reise Ardbeg an deren Open Day noch einen Besuch abstatten. Mit standesgemäßem Auftreten auf der „Flying Dutchman„, die sich unter vollen Segeln dem Pier von Ardbeg nähert. Nach dem Frühstück sollte es von Port Ellen aus in Richtung Osten losgehen. Das Ablegen gestaltete sich jedoch ein wenig schwieriger als erwartet, weil der Wind das Schiff immer wieder gegen das Pier drückte und wir uns regelrecht aus dem Hafen rauspellen mussten, Meter für Meter, immer wieder von Fendern vor den Hafenmauern geschützt.

Es gelang dem Skipper aber, uns in einem Stück zurück in die offene See zu bringen. Der Motor tuckerte, während wir den Hafen verließen und Port Ellen mit allen Ehren sowie einer (leeren) Flasche aus der Rare Malts Selection, die wir im Wasser der Bucht zurück ließen, auf Wiedersehen sagten. Es ging vorbei am Leuchtturm von Port Ellen und der einlaufenden Fähre aus Kennacraig. Leider wollte der Wind mal wieder nicht so, wie wir es wollten. Er kam stur aus Osten und an Segeln ohne Motorkraft war nicht zu denken. Wir passierten Laphroaig und Lagavulin im Tuckertempo und mussten unsere standesgemäße Ankunft bei Ardbeg auf den Anblick eines Zweimasters ohne Segel reduzieren.

Laphroaig Distillery von Seeseite Lagavulin Distillery von Seeseite

Fass Ardbeg Distillery und Flying DutchmanArdbeg’s Open Day stand bei diesem Feis Ile unter dem Thema „Schmuggler“, was sich nicht nur in der diesjährigen Festival-Abfüllung, dem Dark Cove, widerspiegelte. Auch die Mitarbeiter der Brennerei hatten sich fein gemacht und entsprechend herausgeputzt. Wir setzen mit dem Schlauchboot über und betraten die Brennerei wie die Schmuggler von damals durch die Hintertür von See aus. Ein wenig zu früh, wie sich herausstellte, und gegen alle Regeln, die sich Mickey & Co. für diesen Tag ausgedacht hatte. Unsere Bitte nach einem Willkommensdram wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass wir uns doch erst einmal ein Start-Set für den Tag am Eingang der Brennerei abholen sollten.

Puuuh, in einer langen Schlange stehen, um 5 Pfund Eintritt zu zahlen… musste das nun sein? Ja, musste leider. Immerhin gab es dafür einen Dram, einen „Smokie“ (frisch vor Ort in Fässern geräucherte Forelle) und eine Tour durch die Brennerei. Es war auch möglich, für 20 Pfund ein Rätsel zu lösen, um Tickets für besondere Tastings zu bekommen, die um 12 Uhr und 14 Uhr stattfinden sollten. Aber zum einen war die Schlange vor dem Gewinnspielstand recht lang und zum anderen war es nicht sicher, dass wir ein 12-Uhr-Ticket bekommen würden. 14 Uhr wäre nicht gegangen, da wir da schon wieder zum Schiff zurück sollten. Wie ich im Nachhinein von Mitseglern erfuhr, die bei den Tastings waren, hätten wir für die Locations und die Drams bei den Tastings auf jeden Fall mehr Geduld aufbringen sollen. Naja, dann eben beim nächsten Mal…

Wir schlenderten also ein wenig über das Gelände der Brennerei, holten uns für das Eintrittsticket unseren Willkommensdram ab (ich einen Uigeadail, Kai einen Dark Cove), schlenderten weiter, sahen dies und das, bekamen im Shop noch einen kostenlosen Dark Cove und setzen das Schlendern fort. Wir versuchten uns an einer der Aktivitäten, bei der man einen Ring über den Hals von ein paar umdekorierte Ardbeg Mor Riesenflaschen werfen musste, scheiterten kläglich und holten uns zum Trost noch einen Dram.

Ardbeg Motorrad Ardbeg Tasting Glas auf Fass Ardbeg Traktor

Eines muss man Ardbeg aber wirklich lassen. Die Preise waren echt human. Aktuellere Abfüllungen gab es für 3 Pfund, seltenere wie einen Very Young oder Committee Abfüllungen für 5 oder 10 Pfund. Und wir reden hier nicht über Mengen, die nur gerade den Boden der Gläser bedeckten. 3 bis 4cl wurden da im Schnitt sicher ausgeteilt. Dazu noch eine wirklich locker-angenehme Stimmung, eine toll erzähle Geschichte von Ardbeg’s Schmugglern, bestes Wetter und einen hervorragenden „Smokie“ mit Dip… es ging eigentlich kaum besser. Die Zeit verging wie im Flug.

Geräucherter Fisch bei Ardbeg Mann mit Kilt Ardbeg Glas vor Warehouse

Schade nur, dass der Besuch für uns schon um 14 Uhr endete.

Wir fuhren mit dem Schlauchboot wieder zurück zum Schiff und lichteten den Anker. Es standen ein paar Stunden Segeln ins West Loch nach Tarbert an. Segeln? Tja, daraus wurde leider wieder nix. Der Wind hatte sich gelegt und das verbleibende laue Lüftchen kam uns entgegen. Kreuzen unmöglich. Also tuckerte wieder der Dieselmotor still vor sich hin. Für mich war Entspannung mit Krimi auf dem Deck angesagt, andere verbrachten die Zeit kreativer.

Leichtmatrose in der TakelageUwe erfüllte sich einen Traum, wie er selber sagte, und kletterte von diversen Karabinern gesichert die Takelage der „Flying Dutchman“ rauf bis zum ersten Rahsegel des vorderen Mastes. Dort verbrachte er die halbe Fahrt als Ausguck. Reiseleiter Michael ließ uns alle auf einem Stück Papier unterschreiben, legte das zusammengerollte Papier in die leere Flasche der Kilchoman-Festival-Abfüllung und versiegelte Kilchoman Festival Falsche als Flaschenpostdie Flasche. Und dann über Bord mit der Flaschenpost. Ich bin gespannt, ob die Flasche irgendwann irgendwo gefunden wird. Zwei andere Segler ließen uns alle auf den Tubes ihrer Flaschen unterschreiben, als Andenken an diesen Segeltörn.

Die Zeit verstrich und wir näherten uns am späten Nachmittag unserem Ausgangspunkt der Reise, dem Pier bei Tarbert im West Loch. Dort lag leider ein Fischkutter an der Seite des Piers, an der unser Segler genügend Tiefgang zum Festmachen hatte. Der Kutter wollte sich aber nicht richtig bewegen und Anneke, unsere Skipperin, versuchte alles, um anzulegen. Alex schob den Segler mit dem Schlauchboot hin und her und wir mussten sogar alle zum Bug gehen, damit das Schiff besser zu manövrieren war. Irgendwann zeigte der Kutterkapitän sich einsichtig und wir bekamen den Platz am Pier, den wir haben mussten.

Jan zauberte uns für den letzten Abend ein 3-Gänge-Kapitäns-Dinner und ich war wieder einmal überrascht, was in einer kleinen Kombüse alles möglich ist. Danach hielt Michael noch eine kurze Abschiedsrede. Für viele war an diesem Abend schon Kofferpacken angesagt. Kai hatte einige Sorgen, dass er in seiner Reisetasche keinen sicheren Platz für seine Flaschen und vor allem für alle seine Glencairn-Gläser finden würde. Ich machte mir eher Sorgen über das Gewicht meines Gepäcks, das meine Fluggesellschaft unerbittlich auf 20 kg festgelegt hatte. Andere Mitsegler hatten wohlweislich vorgesorgt und für den Rückflug direkt ein weiteres Gepäckstück gebucht.

Whiskyflaschen in der BordbarAm nächsten Morgen sollten wir um 10 Uhr mit einem Bus abgeholt und nach Glasgow bzw. Edinburgh gefahren werden. Bis dahin leerten wir im Verlauf des Abends noch Reste aus ein paar Flaschen der Bordbar und schufen Platz für den Proviant der Segler, die die „Flying Dutchman“ am nächsten Tag in Nordirland erwartete. Es wurde ein sehr schöner, letzter Abend – vielleicht etwas wehmütig, aber schön.

Doch insgesamt: Was für eine Tour!

Stimmung, Wetter, Umgebung, Drams, Essen… es passte einfach alles zusammen, völlig stressfrei. Wir konnten zwar leider nicht viel Segeln und der Spaß war alles in allem nicht gerade günstig, aber es war für mich als Landratte und Malthead ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Ich denke, dass es vielen Mitstreitern ähnlich ging.

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