Whiskyreise – Teil 4: Küsten und Löcher

Schottlands Landkarte in NationalfarbenDer Donnerstag fing ein wenig später an als der Tag zuvor, weil Klaus ja erst noch joggen wollte. Als wir wie vereinbart bei ihm anklopften, öffnete er die Tür in verschwitztem Trainingszeugs. Ungewollt war er 3 km weiter gelaufen als geplant und darum später wieder am Highlander Inn angekommen. Also wollte er erst duschen und sich umziehen. War wohl auch besser so. Martin und ich gingen schon mal Müsli essen, bevor wir alle 3 zum traditionellen Teil des Frühstücks mit Haggis & Co. übergingen.

Das Wetter war leider ein wenig schottischer als zuvor und Nieselregen begleitete uns den ganzen Tag. Die Route führte uns über Rothes mit Besuchen der Brennereien von Glenrothes, Glen Grant (mit Tour) und Speyburn weiter nach Elgin. Unterwegs gab es noch Fotostopps bei Longmorn und Benriach, die auch gerade in ihrer Sommerpause weilten. In Elgin war ich wohl weniger imponiert über die Auswahl an Single Malts bei Gordon & MacPhail als Martin über die Düsenjäger, die an diesem Tag vom nahe gelegenen Milltown Airfield zahlreich starteten, weil es dort einen Tag der offenen Tür gab. Den neuesten Caperdonich von G&M kaufte ich jedoch nicht – für schlappe 1250 Pfund.

Glenrothes Distillery

Elgin finde ich übrigens recht nett, von dem was ich gesehen habe. Und da es auch zentral gelegen ist, mit einer Menge Brennereien in der direkten Umgebung, könnte es durchaus sein, dass ich bei der nächsten Tour in Richtung Speyside mal dort übernachte.

Nachdem es in einem einladend aussehenden Restaurant auf der High Street kein Mittagessen gab, weil sie dort ein Gasproblem hatten (Martin machte sofort Andeutungen, ob es Leibesgase der Gäste wären), gab im Granary Pub ein leckeres Sandwich zu kleinem Preis. Kann man zum Mittag empfehlen.

Weiter ging es zum Strand von Lossiemouth. Nicht weil uns ein Strandbesuch im Regen so gut gefallen hätte, nein, Martin wollte trotz des Wetters in der Nordsee schwimmen gehen. Ich wollte nicht. Eisiger Wind, Regen und dann noch 10-12 Grad warmes Meerwasser. Nee, das war nichts für Papa sein Sohn. Wenn schon kaltes Wasser, dann wollte ich wenigstens ein wenig wärmere Luft zum Trocknen.

Lossiemouth East Beach

Ich begnügte mich also damit, die Hosenbeine hochzukrempeln und wenigstens nasse Füße zu bekommen. Klaus hielt sich in sicherem Abstand zum Wasser. Wäre da ein Zug durch die Nordsee gefahren, wäre er sicher ohne Zögern hinter Martin her. Martin konnten wir allerdings nicht aufhalten. Er zog sich am Strand seine Badehose an, sprang ins Wasser und kam (recht schnell) wieder raus. Es hatte ein wenig was von Halle Berry oder Ursula Andress, als er dem Wasser entstieg. Also nicht seine Erscheinung, eher seine Wirkung, weil ich auch dort Gänsehaut bekam.

Ganz fix wieder zum Auto zurück und was warmes Anziehen. Der Weg war leider etwas weiter, weil man von Strand zum Parkplatz noch die Lossie über eine Holzbrücke überqueren musste, und meine Füße fühlten sich an wie Eisklumpen. Martin sprach in einer Art Frostdelirium hingegen davon, dass er nun auch noch im Atlantik baden wolle. Das schafften wir nicht, so viel sei vorweg genommen. Aber es gab Ersatz.

Als die Füße wieder wärmer wurden, wurde das GPS auf Tyndrum programmiert, einem kleinen Ort zwischen Glencoe und den Trossachs, an der Kreuzung von A82 und A85. Doch hoppla, da muss sich aber einer verrechnet haben. Etwas mehr als 4 Stunden soll das dauern??? Damit hatte ich nicht gerechnet. Na, das wird ein spätes Abendessen. Ok, Augen zu und durch, in einem RAV4 geht das sicher schneller.

Urquhart Castle am Loch Ness

Nein, ging es leider nicht. Das lag aber auch daran, dass wir zwischendurch immer mal wieder für ein Foto angehalten haben, zum Beispiel beim obligatorischen Urquhart Castle am Loch Ness oder in den Tälern entlang der A82 östlich von Glencoe. Der Anblick der Berge dort war schon spektakulär. Also der Teil der Berge, den man unter den Wolken noch sehen konnte. Hier eine kleine Binsenweisheit: je höher die Straße, desto tiefer die Wolken. Mensch, was war das eine Waschküche.

Ich musste die anderen beiden jedoch darauf hinweisen, dass die Gegend im Sonnenschein vielleicht nicht so spektakulär erscheint, aber dafür wesentlich schöner, majestätischer. Da wir ja 2 Tage in der Gegend waren, hatten wir bestimmt noch die Gelegenheit auch die Schönheit dieser Gegend zu sehen. Auch in Schottland hält sich schottisches Wetter nicht ewig. Es hält manchmal nur länger an.

Glencoe in Wolken

Nach 4 Stunden in Tyndrum angekommen freute ich mich, das Lenkrad aus der Hand legen zu können und auf ein leckeres Abendessen mit einem Pint und einem Dram dazu. Oder danach. Die Tyndrum Lodges sind wohl noch gar nicht so alt. Sie sind auf jeden Fall für Durchreisende ok und auch preislich nicht unattraktiv. Also kurz Koffer ins Zimmer – huch, falsches Zimmer, schon belegt. Mussten wir uns erst einmal einen neuen Schlüssel besorgen, diesmal für das richtige Zimmer. Alles gut.

Für das Abendessen standen drei Alternativen bereit, genannt in der Reihenfolge des Vorbeilaufens von den Lodges aus: Das Real Food Cafe war pickepackevoll, schade. Das TJ’s Diner war leer, so richtig leer. Und das Tyndrum Inn. Ach komm, gehen heute Abend ins Diner rein und essen einen Burger. Dann müssen wir nicht viel weiter gehen und immer Haggis ist auch langweilig. Und wir kriegen schneller unser Essen, weil sonst keiner drin ist. Es war ja nun schon fast 9 Uhr.

Wir sind rein, die Karte hatte viel versprechende Burger und zumeist amerikanisches Bier. Passte ja, außer dass es keinen Whisky gab. Die Bestellung ging raus und wir bekamen unsere Biere. Doch von wegen Pint. Die haben das mit dem Diner-Motto ernst genommen und stellten uns so winzige US-typische Fläschchen auf den Tisch. Das hatte ich mir für den Abend doch anders vorgestellt. Wären wir doch besser in das Inn gegangen. Immerhin war der Burger ok, wenngleich etwas klein.

Zurück in der Lodge gab es dann zum Ausgleich noch ein paar Drams von dem Glen Moray mit einem Portweinfinish, den Martin uns bei Gordon & MacPhail gekauft hatte. Der Abend wurde dann auch nicht viel länger für uns alle. Nur die Nacht sollte sich hinziehen. Hätten wir dem Klaus doch bloß keinen Alkohol gegeben. Ich war zwischendurch am überlegen, wie ich Klaus‘ Matratze mit ihm drauf am einfachsten aus dem Fenster bekommen könnte. Ein wenig mehr Schlaf als 3 oder 4 Stunden hätte ich schon gerne gehabt, weil am nächsten Tag ein etwas anstrengender Tag anstand… so das Wetter denn mitspielte.

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