Whiskyreise – Teil 8: Caol Ila, Bunnahabhain

Schottlands Landkarte in NationalfarbenTag 8, Islay

Eine Nacht auf einem Schiff, das nur vor Anker liegt (sagt man das so?) und nicht an einem Pier vertäut ist, muss ich nicht unbedingt nochmal haben. Jan war zwar so nett und unternahm im Laufe der Nacht was gegen die an den Bug schlagende Ankerkette, aber dennoch gingen gefühlt ein paar Stunden ohne wirklich tiefen Schlaf ins Land Meer. Das seichte Schaukeln der „Flying Dutchman“ im Loch Indaal bei Bruichladdich half mir danach immerhin, den verdienten Restschlaf zu bekommen.

Es war für diesen Tag nur ein Besuch beim Open Day von Bunnahabhain geplant. Taxis und Kleinbusse sollten uns nach dem Frühstück von Bruichladdich in den nördlichen Teil von Islay bringen. Wir setzten also mit dem Schlauchboot bei nicht allzu ruhiger See (alles ist relativ, allerdings auch die Größe eines Schlauchbootes) über zum Pier und warteten auf die Mitfahrgelegenheiten. Und warteten. Und warteten. Wo blieben denn unsere Fahrer? Na klar, die standen in Port Ellen, wo sie uns bisher immer abgeholt hatten – ein knappe halbe Stunde von uns weg. So ist das eben auf Islay…

Langsam wurde es zeitlich eng für diejenigen Segler, die eine der frühen Touren bei Bunnahabhain gebucht hatten. Kai und ich hatten etwas mehr Zeit, unser Warehouse Walk mit „Long“ John McGillivray begann erst um 11.45 Uhr, dazu noch eine Distillery Tour um 13.30. Es kamen dann irgendwann 2 Autos, die schon mal ein paar Leute mitnehmen konnten. Wir waren dabei, diesmal in einem Landrover. Im Vergleich zu einem Kleinbus von Volkswagen konnte man hierin die Erfahrung der lokalen Autobauer mit britischen Kleinstraßen deutlich als Vorteil werten.

Isle of Jura PapsObwohl heute nur Bunnahabhain geplant war, wollten wir wenn möglich auch einen Abstecher nach Coal Ila machen. Aber wie dorthin kommen? Zu Fuß war es in Anbetracht der kurzen Zeitfenster zwischen den Touren zu weit. Und auch nach dem Besuch von Bunnahabhain wäre es kaum gegangen, weil der letzte Bus von Port Askaig nach Port Ellen schon um kurz nach 4 fuhr. Also fragten wir den Taxifahrer ganz lieb, ob er uns nicht eben nach Caol Ila runterfahren könnte. Es sollte auch nicht lange dauern, ich kannte die Brennerei schon und Kai wollte nur ein paar Glencairns holen. Nee, ging nicht, der Fahrer war ‚eh schon knapp in der Zeit. Tja, dann eben nicht. Kein Stress deswegen.

Caol Ila Distillery Still HouseAls wir uns der Abzweigung nach Bunnahabhain näherten, durfte unser Taxi jedoch nicht zur Brennerei weiter fahren. Alle mussten in einen Shuttlebus umsteigen. Das macht angesichts der mittleren Straßenbreite (und ihrer absoluten Länge) auch wesentlich mehr Sinn, als die Straße schon nach ein paar hundert Metern durch Dutzende von Autos zu blockieren. Da unser Fahrer hierdurch aber Zeit sparte, kamen wir doch in den Genuss einer Freifahrt nach Caol Ila. Während Kai sich im Shop der Brennerei die ersehnten Gläser kaufte, machte ich draußen ein paar Fotos im Sonnenschein.

Als wir fertig waren, stand der Fahrer unseres Taxis immer noch auf dem Parkplatz von Caol Ila und quatschte mit ein paar Kollegen. Alastair kam auch mit einer chinesischen Reisegruppe in seinem Bus und wollte erstmal einen großen „Hug“ von seinem Lieblingskofferraumpassagier. Bekam er natürlich auch, der Gute. Als unser Fahrer dann Anstalten machte los zu fahren, fragten wir, ob er wieder am Shuttlebus vorbeikommen würde. Rhetorische Frage, es gab keinen anderen Weg für ihn. So sparten wir uns also auch jede Menge Zeit.

Beim Warten auf den Shuttlebus kamen wir wieder mal ins Gespräch mit ein paar Landsleuten. Irgendwann tauchte dann ein Kleinbus mit unseren letzten Mitseglern auf, dem nach kurzer Diskussion mit dem Ordnern jedoch erlaubt wurde bis Bunnahabhain durch zu fahren. Sonst hätte es für deren erste Tour wirklich nicht mehr gereicht. Wir kamen im Shuttlebus am malerischen Loch Ardnahoe vorbei, an dem die Laings den Bau einer weiteren Brennerei auf Islay planen, und ziemlich entspannt bei Bunnahabhain an. Obwohl ich festhalten muss, dass Bunnahabhain immer noch eine echt ungepflegte Brennerei ist.

Bunnahabhain Feis Ile 2016Das Fest war schon in vollem Gang, und unsere Leute sahen wir in einer kleinen Menschentraube stehen, die auf den Einlass in eines der Warehouses von Bunnahabhain wartete. Wir schlenderten gemütlich an den Lagerhäusern vorbei zum Pier und genossen die sich wieder zeigende Sonne. Im Hof der Brennerei war noch nicht so viel los. Wir nutzen eine offene Tür, um uns kurz eines der Warehouses anzusehen. Danach gab es einen der vielen hand-filled Dram kostenlos im Hof. Ich kann mich an das Attribut „lecker“ erinnern, aber leider nicht mehr an den Inhalt. So ist das eben mit dem Alter.

Es war bis zum Warehouse Walk noch Zeit für einen kurzen Abstecher in den Shop. Kai fand eine vorgefüllte Handabfüllung (war es ein Moine?) mit seinem Geburtsdatum als Flaschenzahl. Die musste einfach in seinen Rucksack. Weil es an der Kasse gerade nicht so voll war, gab es für mich eine kleine Flasche der Feis Ile-Abfüllung aus dem Rotweinfass. Wie sich später herausstellte, hätte ich lieber die PX-Version genommen, aber die hatte ich bis zu dem Zeitpunkt noch nicht im Glas. Schade, aber hey, kein Stress, ich werde es überleben.

Mittlerweile hatte auch eine Band mit Dudelsack und allem Pipapo im Hof angefangen zu spielen. Wir gingen zum Treffpunkt für den Warehouse Walk. John ist ja Gott sei Dank nicht zu übersehen. Aber eigentlich war er gar nicht zu sehen… doch, irgendwann tauchte er dann auf. Also rein ins Warehouse und die himmlische Luft (Achtung, Wortspiel… haha!) genossen. Nach einer kurzen Ansprache ging es eine Etage höher. Die Gruppe fand ich allerdings zu groß für so einen Warehouse Walk. Es dauert immer ziemlich lange, um von Fass zu Fass wandern und alle daran schnuppern zu lassen. Auch begann John schon zu erzählen, bevor alle ihn hören konnten. Das lag jedoch teilweise auch an uns, die wir zum Fotografieren in allen Ecken des Warehouses rumkrochen. Das Riechen an den 5 oder 6 Fässern war eine Herausforderung für die Sinne. Die Aromen kamen gut gebündelt aus dem Fass und bei den Geruchsrezeptoren an. Da musste man mit seinem Rüssel schon etwas Abstand halten. Aber schön war die Erfahrung allemal, Bunnahabhains in all ihren olfaktorischen Facetten zu erleben.

Bunnahabhain Warehouse Bunnahabhain Warehouse Bunnahabhain Warehouse

Nach dem Rundgang im Lagerhaus gingen wir rüber zur Abfüllanlage. Dort warteten 3 Fassproben auf uns, diesmal nicht nur zum Riechen:

  • Manzanilla Butt (2006, Cask 1631, 60,3%)
  • Wine Hogshead (2009, Cask 650, 59%)
  • Oloroso Butt (Moine, 2007, Cask 3652, 60,1%)

Bunnahabhain Tasting SamplesSchlecht waren diese mit Sicherheit alle nicht (ok, die Weinabfüllung war nicht mein Fall), aber aus irgendeinem Grund scheine ich immer vom letzten Dram eines Tastings am meisten angetan zu sein. Auch von diesem gab es noch einen Nachschlag in Sampleform für zu Hause. Diese Art der Mitbringsel aus dem Urlaub finde ich einfach klasse. Viel besser als bemalte Keramikteller oder handgeklöppelte Seidenschals. Und meistens ist die Halbwertszeit von Artikeln beider Kategorien vergleichbar lang.

Zeit für eine kleine Stärkung. Irgendwie schien sich der Körper an reichhaltiges schottisches Frühstück zu gewöhnen. Eine Haggis-Pizza und ein Burger sollten es sein. Und bevor Missverständnisse aufkommen: beide waren nicht sonderlich groß. Es gab noch eine kurze Pause am Pier, bevor wir wieder in den Hof aufbrachen. Wir hatten schließlich noch nicht alle Handabfüllungen der Saison probiert.

Bunnahabhain Mash TunDie anschließende Tour, die eigentlich für unsere Gruppe gebucht war, begann ein wenig chaotisch, ging aber beschaulicher und sehr informativ weiter. Grund für das anfängliche Durcheinander waren 3 Amerikaner, die unbedingt noch mitkommen wollten. Schade, sonst hätte sich unser deutscher Guide, der von Deanston zum Open Day nach Islay „abkommandiert“ war, in seiner Muttersprache austoben können. Beschaulich wurde es später, weil einer der Amerikaner an Krücken ging, aber dennoch alle Hindernisse – insbesondere die steilen Treppen rauf und runter – gemeistert hat, ohne seine Füße belasten zu können. Hut ab davor, auch wenn es ein wenig länger dauerte und uns die nächste Tourtruppe im Nacken saß. Aber hey, bloß kein Stress, oder?

Bunnahabhain StillsEiner der wichtigen Gesprächspunkte auf dieser Tour war den Stills von Bunnahabhain geschuldet. Warum waren die nicht auf Hochglanz poliert? Die Brennerei hatte schließlich ihren großen Tag und wollte sich sehr vielen Gästen präsentieren. Stills in dieser Größe würden doch richtig was hermachen. Unser Guide von Deanston schmunzelte, blieb uns allerdings eine Antwort schuldig. Wenn ich mir dazu einen Kommentar erlauben darf: die Stills passen perfekt zu den Gebäuden. Es bliebe dann jedoch die Frage, warum der Maischebottich so glänzen darf.

Nun ja, die nette Tour endete in dem Warehouse, in dem Kai und ich schon am Vormittag rumgeschlichen waren. Und direkt neben dem Ausgang war der Pavillon aufgebaut, in dem es die leckeren Drams gab. Es bedurfte nicht vieler Blickwechsel zwischen Kai und mir, um zu wissen, was wir in der kurzen Zeit machen wollten, bis unser Bus uns abholen und nach Port Ellen zurückfahren würde, wo die „Flying Dutchman“ wohl auch mittlerweile eingetroffen war.

Mit einer leckeren PX Handabfüllung im Glas machte wir uns auf den Weg zum Parkplatz. Alastair kam mit seinem Kleinbus etwas später als verabredet und brachte uns quer über die Insel nach Port Ellen. Am Ortseingang ließ er uns aussteigen, weil er wegen der Ankunft der Fähre von Kennacraig keine Chance sah, uns bis zum Schiff ans Pier zu bringen und seine weiteren Termine einzuhalten.

Port Ellen Maltings and DistilleryKein Problem für uns, denn direkt vor dem Eingang zu Port Ellen lag eine Brennerei, die wir auf Islay noch nicht besucht hatten. Port Ellen. Diese seit 1983 geschlossene Brennerei hat schon etwas Besonderes an sich. Es steht nicht mehr viel von den ursprünglichen Gebäuden, das Brennhaus mit Pagoden, ein paar Lagerhäuser. Ein paar Gebäude sind von Kleinunternehmern belegt, den Großteil des Areals nehmen allerdings die Port Ellen Maltings ein, die heute das Malz für viele schottische Brennereien liefern.

Wie für Kai der Besuch von Caol Ila zum Kauf eines Glencairn-Glases wichtig war, so war es im Rahmen dieser Reise der Besuch der alten Gebäude der Port Ellen Brennerei für mich. Wir sahen uns auf dem Gelände ein wenig um, auf dem die kleinen Pagoden von Port Ellen neben der riesigen Industriehalle der Maltings völlig deplatziert wirkten. Als Andenken gab es einen kleinen Klumpen Torf von den Halden der Maltings.

Auf dem Weg entlang des Strandes zurück zum Schiff trafen wir einen Mitsegler, der uns vor dem Schlick am Strand warnte. Er hatte seinen Turnschuh kurz zuvor effektiv darin versenkt. Wenig später kam uns seine Frau entgegen, die mit Ersatzschuhen vom Schiff zurück kam. Das ist Liebe…

Den Abend ließen einige von uns im Islay Hotel bei Livemusik und Guinness langsam ausklingen. Auch wenn das unsere letzte Nacht in Port Ellen war, hielt ich mich lieber an den schiffseigenen Salon, bei einem guten Dram (oder waren es zwei?) sowie einem ebenso guten Krimi. Sehr entschleunigend.

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