Was haben Edradour, Glengoyne, Ardnamurchan und Benromach mit Islay und dem Unabhängigen Abfüller Hunter Laing zu tun? Die Lösung auf diese Frage ging letzte Woche über den Ticker… der Unabhängige Abfüller Hunter Laing will es seinen Kollegen von Signatory Vintage (Edradour), Ian MacLeod (Glengoyne / Tamdhu), Adelphi (Ardnamurchan) und Gordon & MacPhail (Benromach) gleich tun und auf Islay eine eigene Brennerei mit dem Namen Ardnahoe betreiben. Abhängig vom Fortschritt beim Bau der Brennerei Gartbreck könnte das dann die neunte oder zehnte Brennerei auf Islay werden *), mehr als ein Jahrzehnt nach der Eröffnung von Kilchoman. Ein guter Plan?
Zunächst noch ein wenig zum Hintergrund von Hunter Laing. Nachdem Stewart Laing 2013 den mit seinem Bruder Fred Laing gemeinsam betriebenen Unabhängigen Abfüller Douglas Laing verließ, gründete er mit seinen Söhnen Scott und Andrew den Unabhängigen Abfüller Hunter Laing. Nach eigenen Angaben besitzt Hunter Laing Fässer von mehr als 90 Brennereien. Es werden ein paar Blends sowie Serien wie “Old Malt Cask”, “Old & Rare”, “Hepburn’s Choice” und “Douglas of Drumlanrig” abgefüllt. Schlecht scheinen die Geschäfte nicht zu laufen, kaufte man doch 2014 eine Lagerhalle für eine siebenstellige Summe in East Kilbride bei Glasgow, in der man Whisky in bis zu 15.000 Fässern reifen lassen kann, und wies 2015 einen Gewinn von 1,4 Mio Pfund aus.
Der Bau einer eigenen Brennerei liegt als sinnvolle Investition in die Zukunft also nahe, auch wenn es nach Aussagen von Stewart Laing wieder einfacher für Unabhängige Abfüller geworden ist, Whisky direkt von Brennereien zu kaufen. Geschäftlich gesehen will Hunter Laing natürlich – wie seine Mitbewerber auch – den Zulauf an Whisky durch eine eigene Produktion sichern. Zu 100% unter eigener Kontrolle und mit der Möglichkeit auch guten Gewissens den eigenen Namen auf die Flaschen schreiben zu können.
Die Nachricht, dass der Bau einer neuen Brennerei mit dem Namen Ardnahoe auf Islay geplant ist, ist dabei eigentlich gar nicht so neu. Schon im November 2015 berichtet der Islay Blog von einem Artikel im “Ileach”, wonach Iain Hepburn, seines Zeichens Architekt, von einer “führenden Kraft der Whiskyindustrie” damit beauftragt wurde, eine traditionelle Islay-Brennerei zu planen und zu bauen. Diese soll jährlich 200.000 Liter New Make produzieren sowie Mälzboden und einen Kiln besitzen, um lokale Gerste zu Malz verarbeiten zu können. Nun ist es also amtlich, dass es sich bei der “führenden Kraft” um Hunter Laing handelt.
Islay ist als Standort auch bestimmt nicht zufällig gewählt, wie sogar Stewart Laing zugibt. Immerhin kommen einige der bekanntesten und beliebtesten Whiskymarken von dieser Insel und man erwartet, dass die Nachfrage nach Whiskys von Islay nicht abnehmen wird. Das bestätigen auch die eigenen Verkaufsstatistiken, wonach Hunter Laing Islay-Whisky nicht so schnell auf den Markt bringen kann, wie er nachgefragt wird. Mit Kilchoman hat man zudem ein sehr erfolgreiches und vielversprechendes “Start-Up” vor Augen. Die Bauanfrage wurde jedenfalls letzte Woche eingereicht.
8 Mio Pfund soll der Neubau von Ardnahoe kosten, teilweise durch Eigenkapital der Familie gedeckt, teilweise von Banken finanziert. Wird die Baugenehmigung vom Argyll & Bute Council erwartungsgemäß erteilt (es gibt u.a. eine 21-tägige öffentliche Anhörungsfrist), will man nach ein paar Monaten Planungsphase mit dem Bau der Brennerei im Mai beginnen. Nach etwas mehr als einem Jahr Bauzeit soll schon Ende 2017 das erste Destillat durch die Stills laufen. In einer ersten Bauphase soll das Brennhaus, Lagermöglichkeiten, ein Besucherzentrum und ein Shop errichtet werden. Später sollen dann die Brennkapazität und die Lagerhäuser erweitert werden.
Liegen wird die Brennerei auf einem 16.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Nordostküste von Islay am schönen Loch Àird na Hogh (= headland of the burial mound = Landspitze des Grabhügels), auf dem Weg zwischen den Brennereien von Caol Ila und Bunnahabhain. Das Wasser für Ardnahoe stammt dann aus dem gleichnamigen Loch. Die Kapazität der Brennerei soll nach Aussage von Andrew Laing bei 500.000 Litern im Jahr liegen. Wenn man schon in der aktuellen Planung an Erweiterungen denke, tut man das entsprechend Aussagen von Stewart Laing mit dem Hintergedanken, dass man die laufende Produktion später nicht stört.
Der Stil des Whisky von Ardnahoe soll typisch für Islay sein. Torf, Rauch sowie Aromenvielfalt werden also mit dabei sein. Allerdings setzt man wohl nicht in ersten Linie auf die Vorlieben europäischer Gaumen. Vorrangig ist auf jeden Fall die Produktion von Ardnahoe Single Malt – in den hauseigenen Blends soll der Malt eher weniger verwendet werden. Der erste Single Malt soll aber nicht unbedingt schon nach den gesetzlich vorgeschrieben 3 Jahren Lagerung auf den Markt gebracht werden. Hier will man auch gerne ein paar Jahre mehr warten, bis die Qualität ein angemessenes Niveau erreicht hat.
In der Whiskygemeinde gehen die Meinung zu diesen Plänen auseinander. Die Einen befürchten, dass es nur eine weitere Brennerei sein wird, die gehypten Whisky zu überteuerten Preisen für einen gesättigten Markt liefert. Die Anderen sehen das als Chance für mehr Whisky mit hoher Qualität, nachdem der Trend hin zu austauschbaren Abfüllungen ohne Altersangabe (NAS) zu scheinen geht.
Bei Islay Estates, das rund 220 Quadratkilometer Land auf Islay besitzt, sieht man den Bau der Brennerei jedoch als positives Zeichen für die Zukunft. Nicht nur wird die Ökonomie der Insel durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und den einen oder anderen zusätzlichen whiskyliebenden Inselbesucher profitieren, sondern auch die Nachfrage nach Gerste von Islay wird steigen.
Die Aussichten der Pläne von Hunter Laing scheinen also recht vielversprechend zu sein. Und wenn man sich bei der Qualität der Produkte von Ardnahoe an den noch jungen Single Malts von Kilchoman orientiert, könnte hieraus in der Zukunft ein richtig guter Dram werden. Da müssen sich die etablierten Brennereien der Insel, besonders die populären von der Südküste, in Bezug auf ihre Qualitätsansprüche schon einiges einfallen lassen, damit sie nicht zu viele Marktanteile verlieren.
Zum Schluss noch ein wenig Trivia… einen Whisky mit dem Namen “Aird na Hogh” gibt es schon (schöne Grüße von Port Charlotte). Bunnahabhain hat 2012 ein Fass für den schwedischen Whiskyclub “Aros Whisky” mit diesem Namen abgefüllt: 22 Jahre alt aus dem 1st fill Sherryfass #35, in die Flasche gekommen mit 54,6%.
*) Hinzu kommen Pläne von Sukhinder Singh (u.a. The Whisky Exchance und Speciality Drinks Ltd.) eine neue Brennerei mit dem Namen Farkin zwischen Port Ellen und Laphroaig zu bauen. Eine Beteiligung von Singh basiert hierzu aber bislang nur auf Gerüchten.