Spirit Safe

Das Brennen von Whisky in Schottland unterliegt nicht nur technischen Anforderungen sondern auch ökonomischen Besonderheiten. Unter beide Kategorien fällt sicherlich ein Spirit Safe, der in jeder Destillerie eingesetzt wird und der die letzte Station in der Whiskyproduktion vor dem Abfüllen des frisch gebrannten Whiskys in Holzfässer ist. Ihr Innenleben mit seinen Hähnen, Trichtern und Messgeräten entspringt einer technischen Notwendigkeit, um überhaupt einen Whisky in genießbarer Qualität produzieren zu können. Die verplombte Hülle der Spirit Safes aus Glas und Messing, deren Design auch von Jules Verne stammen könnte, ist hingegen ausschließlich aus steuer- und zolltechnischen Gründen entstanden.

Zunächst ein wenig über die technischen Hintergründe eines Spirit Safes. Nach dem Destilliervorgang in den Pot Stills läuft das frische Destillat in den Spirit Safe. Hier angekommen wird die Flüssigkeit vom Stillman bzw. dem Brennmeister in drei Teile unterteilt: den Vorlauf (Foreshot), das Herzstück (Middle Cut oder Heart) und den Nachlauf (Feints). Nur der Mittelteil, der zwischen 20 und 60% des Gesamtdestillates ausmacht, ist von so guter Qualität, dass er direkt in die Vorratstanks weitergeleitet wird, um von dort abgefüllt zu werden. Die anderen beiden Teile werden wieder dem Destillationsprozess zugeführt. Die Herausforderung besteht nun darin, ausreichend genau bestimmen zu können, wann der Foreshot zu Ende ist und ab wann die Feints aus den Spirit Stills im Spirit Safe ankommen. Denn nur wenn man diese beiden Zeitpunkte trifft, kann man sicher sein, dass man keine wertvollen Tropfen vergeudet und dass man nur die qualitativ hochwertigen Anteile des Destillates auf den Markt bringt.

Genau darum befinden sich auch so viele Trichter, Hähne und Messgeräte in einem Spirit Safe. Die Messgeräte liefern dem Stillman zwei Werte: die Temperatur des Destillates und dessen Dichte, die mit einem Aräometer (Hydrometer) gemessen wird. Hieraus kann man dann anhand von Tabellenwerte ablesen, wie hoch der Alkoholgehalt der Flüssigkeit ist. Sind Alkoholwerte um die 70 bis 75 Volumenprozent erreicht bzw. trübt die ankommende Flüssigkeit kein Wasser mehr, wird das Destillat in den Glastrichter umgelenkt, der es weiter zum Spirit Receiver fließen lässt.

Alles, was als Foreshot noch einen höheren Alkoholgehalt hat, kommt in einen anderen Trichter, von wo es in den Low Wines & Feints Receiver gelangt und von dort aus wieder in die Spirit Stills, der zweiten Stufe des Destillationsprozesses. Im weiteren Verlauf nimmt der Alkoholgehalt des Destillates immer weiter ab. Sind zwischen 60 und 70 Volumenprozente erreicht, kommen die Feints, also der Nachlauf, im Spirit Safe an und werden ebenfalls zurück in den Low Wine & Feints Receiver geschickt. Wichtig hier: alle Teile in einem Spirit Safe sind nur von außen über Hebel zu bedienen, es gibt keinen physischen Kontakt mit dem Destillat.

Warum aber betreibt man so einen Aufwand? Will man dem Brennmeister das Leben einfach nur schwer machen? Nein, so einfach ist es nicht.

Nachdem das Brennen von Whisky ab 1823 in den schottischen Highlands nicht mehr illegal war, mussten alle gemeldeten Destillerien ihre Produkte verzollen. Um die Menge des gebrannten Destillates auch sicher nachvollziehen und den Handel mit unverzolltem Whisky unterbinden zu können, erließ man die Vorschrift, dass der Brennprozess in einem geschlossenen System durchzuführen ist. Damit musste man in den Brennereien also einen Weg finden, die genießbaren Teile eines Whiskydestillates von den ungenießbaren mit all ihrem Methanol, Ester, Aldehyd und Fuselöl zu trennen, ohne mit ihnen in Kontakt kommen zu können. Hierzu kam die Weiterentwicklung einer Erfindung von James Fox sehr gelegen, die auf ein Patent von 1819 zurück geht.

Erst wenn am Ende der Produktion der New Make Spirit das geschlossene System am Spirit Receiver verlässt und in Holzfässer abgefüllt wird, geschieht dies nur unter Anwesenheit eines Zollbeamten. Bis 1983 war es auch so, dass nur dieser Zollbeamte die Schlüssel für die riesigen Vorhängeschlösser hatte, die für alle gut sichtbar an einem Spirit Safe baumeln. Seitdem hat aber auch der Manager einer Destillerie das Recht, diese Schlüssel zu besitzen.

2 Gedanken zu “Spirit Safe”

  1. Danke für den interessanten Artikel. Den Schlüssel von so manchen Destillen würde ich mir gerne mal für ein paar Tage ausborgen… 😉

    1. Och, den Schlüssel bräuchten sie mir gar nicht geben. Aber einschließen dürften sie mich gerne 😮

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