Whiskyreise – Teil 5: Laphroaig, Lagavulin, Ardbeg

Schottlands Landkarte in NationalfarbenTag 5, Islay

Unser Plan für diesen Tag war nicht ohne. Wir wollten von Port Ellen raus zum Kildalton Cross, um neben den kulinarischen Spezialitäten von Islay auch etwas von der Kultur und der Natur der Insel zu erleben. Irgendwas um die 26 km. Zu Fuß. Völlig stressfrei… meinte Kai. Und unser Plan war so gut. Zu Beginn sollte es einen Abstecher nach Lagavulin oder Ardbeg geben, um frisches Proviant in Flüssigform zu laden. Bei Lagavulin mussten wir sowieso reinschauen, weil wir ja das Ambassador-Tasting um 11 Uhr gebucht hatten. Dann wären wir gemütlich raus nach Kildalton und falls wir auf dem Rückweg geschwächelt hätten, wäre uns der letzte Teil des Rückweges mit dem Bus von Ardbeg zurück nach Port Ellen leichter gefallen. Leider, leider, leider machte uns das Unglück mit dem Stuhl am Vorabend und mein Schienenbein an diesem Morgen einen dicken Strich durch die Rechnung. So eine Tour war an diesem Tag einfach nicht drin.

Wir machten uns nach dem Frühstück also erst einmal auf nach Laphroaig, um den Beginn des Feis Ile Open Days dort mitzuerleben. Um halb 10 waren die Parkplätze und die Zufahrtsstraße zur Brennerei schon ziemlich voll. Am Eingang zur Brennerei bekamen wir ein Start-Kit mit Tasting-Glas inkl. Halsband, Armband mit 3 Wertmarken für Drams und jeder Menge anderer Devotionalien in die Hand gedrückt. Das war sicherlich nicht ganz günstig für Beam Suntory, aber ich finde die Idee sehr gut. Wir sind eigentlich direkt durch zur Getränketheke und wollten unseren ersten Token einlösen. Aber nö, es gibt in Großbritannien keinen Alkohol mehr vor 10 Uhr.

Ok, jetzt nur kein Stress. Wir waren noch nicht unterdramt und Regeln müssen sein. Um die Zeit totzuschlagen machten wir einem kurzen Schlenker vorbei an den diversen Marktständen und dem Grill (aber nur zum Gucken, nicht zum Kaufen… das Frühstück war einfach zu gut). Um 10.01 Uhr hatte ich dann den aktuellen CS Batch 008 im Glas. Lecker Tropfen mit viel Kraft und Geschmack, wie eigentlich immer in dieser Serie. Danach noch einen Quarter Cask ins Glas und wir waren gerüstet für die nächsten 2 km Fußmarsch nach Lagavulin.

Uhr mit Lagavulin LogoBei Lagavulin herrschte dann sogar mehr Chaos im Verkaufsraum als bei Laphroaig am Open Day. Es wollten wohl doch noch einige die Festival-Abfüllung kaufen. Als wir an der Reihe waren, sollten wir kurz zur Seite treten, da die Dame, die sich mit den Reservierungen auskannte, gerade nicht da war. Keine Minute später wurden diejenigen, die das Ambassador-Tasting reserviert hatten, in das „Wohnzimmer“ weiter hinten im Gebäude gebeten. Wir folgten natürlich artig, weil nur nach der Reservierung gefragt wurde. Wegen der Bezahlung würde uns sicher später noch jemand ansprechen…

Nach kurzem Colin Dunn bei einem Lagavulin Ambassador TastingWarten sowie dem vergeblichen und nicht ganz stressfreien Versuch, uns über das bei Lagavulin kostenfrei angebotene O2Wifi einen Internetzugang zu verschaffen (es wurde eine SMS mit Passwort verschickt, aber es gab kein Mobilnetz… haha, guter Witz!), wurden wir dann abgeholt und in einen Tastingraum mit sehr komfortablen Ledersesseln und einem sehr angenehmen Ambiente gebracht. Vor uns auf den Tischen standen 5 Gläser und vor den Tischen Colin Dunn, seines Zeichens Brand Ambassador für Diageo. Außer uns wollten noch 3 Amerikaner und 5-6 Deutsche vom Whiskyclub „The Malt Dreamers“ die 5 Drams probieren, eine sehr überschaubare Gruppe also. In den Gläsern befanden sich:

  • 8yo (Limited Edition, Refill American Oak Casks, 48%)
  • 16yo (43%)
  • Distillers Edition (1999-2015, Double Matured in Pedro Ximénez Sherry Casks, 43%)
  • 12yo (Limited Edition 2015, Bourbon Oak Casks, 56,8%)
  • 18yo (Feis Ile 2016, American Oak and ex Bodega European Oak casks, 49,5%)

Whiskyglas auf Fass vor Lagavulin WarehouseLetztere Abfüllung war auch der Grund, warum wir uns für dieses Tasting entschieden hatten. Es sollte aber nicht der einzige Grund bleiben, dass wir uns bei dem Tasting wohl fühlten. Zum einen sind der 16yo und die Distillers Edition nie zu verachten, zum anderen machte Colin seine Sache wirklich gut. Er wirkt in seiner Art sehr locker, authentisch und sehr überzeugend. Seiner Aufforderung, die 56,8% des 12yo genauso viele Sekunden im Mund zu bewegen wie sie Jahre im Fass verbracht hatten und nach dem Schlucken einmal kräftig Luft zu holen, kamen alle Gäste nach. Danach gab es schon ein paar interessante Gesichtszüge im Raum zu beobachten. Für den Höhepunkt des Tastings nahm Colin uns dann mit an die frische Luft und wir gingen runter zum Ufer und an’s Pier. Die Festival-Abfüllung gab es also in strahlendem Sonnenschein und in Begleitung eines bestens gelaunten Ambassadors. Ein schönes Erlebnis, das den Genuss dieses Drams sicher nicht geschmälert hat. Ich finde ihn einfach gelungen.

Wieder zurück im Tastingraum gab Colin noch ein paar Dönekes zum Besten und wir tranken in Ruhe aus. Und da das Tasting unterbesetzt war, gab es vom ungenutzten Nachbarplatz für Kai noch einen Festival-Dram für den Weg. Wäre doch schade gewesen, den leckeren Tropfen zu lange atmen zu lassen, oder? Zurück im Verkaufsraum erkundigten wir uns, ob es um 14 Uhr noch freie Plätze bei Iain’s Warehouse Demonstration gab. Die gab es eigentlich nicht mehr, aber es wurden für uns noch 2 Stühle dazu gestellt. Das war echt nett!

Da bis 14 Uhr noch etwas Zeit war und wir diesen schönen Tag nicht nur in Warehouses verbringen wollten, machten wir uns auf den kurzen Weg nach Ardbeg. Das Café von Ardbeg bot sich zu dieser Tageszeit ja geradezu für einen Besuch an. Zweimal Ardbeg-Burger mussten einfach sein, Haggis gab es leider auch hier nicht. Dazu wurde das stressfrei funktionierende WiFi-Netz von Ardbeg missbraucht. Am Nachbartisch saßen zwei der Amerikaner vom Tasting, die uns zuvor im Auto überholt hatten, sowie Colin Dunn und fachsimpelten mehr als sie aßen. Am Ende gab es noch eine sehr kurze Rundtour über das Gelände (Kai wollte unbedingt noch ein Panoramabild vom Pier aus machen, wie von den anderen Brennereien auch), da wir in den kommenden Tagen hier noch zweimal ausgiebig zu Besuch sein sollten.

Wegweiser vor Ardbeg Brennerei Fassade der Ardbeg Brennerei Spirit Still der Ardbeg Brennerei

Wir schafften es also locker bis 14 Uhr zurück nach Lagavulin. Es wurde wieder im Wohnzimmer Platz genommen, bevor uns ein Mitarbeiter von Lagavulin ins Warehouse No. 2 führte. Begrüßt wurden wir dort an der Tür von Iain ‚don’t-call-me-Pinkie‘ MacArthur. Eine kurze Bemerkung gab es zu meinem T-Shirt-Aufdruck („Peat. Storm. Islay. Slàinte mhath!“), ob ich denn überhaupt wüsste, was das bedeutet. Mann, Pinkie, haste mir doch vor Jahren schon beigebracht gehabt!

Iain Pinkie McArthur mit Holzfassdeckel mit Aufschrift Lagavulin LegendDanach wurde es allerdings etwas merkwürdig. Iain erzählte und kloppte Sprüche wie immer, aber er rührte kein Fass selber an oder zapfte daraus, wie er es früher getan hatte. Das machte sein junger Kollege. Die Drams gab es auch nicht mehr direkt aus dem Valinch oder einem Glaszylinder, sie wurden vornehm in eine Flasche umgefüllt. O tempora, o mores! Im Nachhinein haben wir erfahren, dass dieses seltsame Gebaren wohl damit zu hatte, dass sich ein Tasting-Besucher zuvor darüber beschwert hatte, dass Iain bei Tastings zu viel Alkohol ausschenken würde. Ja… manche haben den Schuss einfach nicht gehört.

Lagavulin Whiskyglas vor Fässern im Warehouse LagerhausEs war aber trotzdem lecker. Am Ende waren es wohl 5 oder 6 (trotz allem) ausgewachsene Drams aus verschiedenen Einzelfässern, die vor uns aufgereiht waren. Sherry, Bourbon, älter, jünger, an die genauen Kombinationen kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Nur Cask 552 aus dem Jahr 1966 stand immer noch an seinem Platz, wie bei meinem ersten Besuch. Zum Abschluss gab es noch einen weiteren Schluck von der Festival-Abfüllung (immer noch lecker) und einen Dram aus dem Jahre 1982, den ich mir aber für später aufgehoben habe. Mal sehen, ob der mich nach Islay zurückbringen kann, wenn mein Fernweh groß genug ist.

Von der Festival-Abfüllung landete beim Verlassen des Warehouses auf unerklärliche Weise noch ein zweiter Dram in meinem Tastingglas. Trinken oder mitnehmen? Ok, mitnehmen und später genießen – bislang hatten wir ja auch schon reichlich gedramt. Vor der Tür der Brennerei wanderte der Inhalt des gut gefüllten Glases darum in eine Sampleflasche, der Rest in meinen Mund. Dabei sah ich einen Deutschen, der mit einer Plastiktüte an der Hand aus dem Verkaufsraum kam, in der bestimmt 2 Dutzend Samplefläschchen waren. Auf einen dummen Kommentar von mir hin bot er mir tatsächlich einen Rest von einem Laphroaig 10yo von den alten Pre-Royal-Warrants an. Super Geste, super Dram, ein liebes Danke Schön nochmal im Nachhinein an den edlen (unbekannten) Spender!

Laphroaig am Ende des Open Day beim Feis Ile 2016Auf dem Heimweg zum Schiff konnten wir ja nicht anders als wieder bei Laphroaig vorbeizulaufen. Es war so gegen halb 5 und da die Brennerei ihren Open Day scheinbar noch nicht beendet hatte, schauten wir kurz rein. Eine Wertmarke hatten wir noch vom Morgen und beim Grill war genau ein Haggis-mit-irgendwas-Burger übrig. Na, sowas kann man doch nicht liegen lassen, oder? Zum Burger gab es den zweiten CS Batch 008 des Tages. Schöne Sache, so ein gut kombinierter Absacker vor dem Heimweg. Während der Stärkung haben wir noch ein paar Jungs vom Schiff getroffen, die den ganzen Tag mit diversen Veranstaltungen bei Laphroaig verbracht hatten.

Tja, soweit zu den Brennereien dieses Tages. Natürlich waren wir pünktlich zum Abendessen wieder am Schiff. Und natürlich wurde auch an diesem Abend die Bordbar heimgesucht. Das war alles in allem ein weiterer schöner Tag auf dieser Reise, mit schönem Wetter, leckerem Essen und Trinken und netten Leuten.

Und? Haben wir das Kildalton Cross vermisst? Nein. Zufrieden und müde gingen wir auch an diesem Abend ins Bett.

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