Die Verpackung macht’s!

Bruichladdich Flaschen in den Regalen der DestillerieWie sagt man doch so schön: Das Auge isst trinkt mit. Wenn eine Ware schon äußerlich nicht appetitlich oder wenigstens ansprechend aussieht, kann das trotz aller anderen Vorteile dazu führen, dass sie zum Ladenhüter wird. Das gilt für Dim Sum genauso wie für Bücher… oder für Whisky, um zum Thema zu kommen. Auch wenn die Whiskyenthusiasten dieser Welt das jetzt nicht gerne hören wollen, aber es ist tatsächlich die Verpackung, die eine Standardabfüllung rentabel macht, viel mehr als deren Inhalt.

Um Missverständnissen gleich zu Beginn vorzubeugen: Der echte Liebhaber kann natürlich einen guten Whisky mit geschlossenen Augen und 200 Meter gegen den Wind erkennen. Das Gros der Whiskykäufer hat jedoch nicht dieses Interesse oder diese Fähigkeiten. Doch genau dieser Kundenkreis sorgt für den Umsatz einer Destillerie. Es sind diejenigen Käufer, die einen Whisky oft gar nicht für den Eigenbedarf kaufen sondern ihn verschenken wollen. Einer neueren Studie zufolge reden wir hier über grob geschätzte 60% der Einnahmen, die nicht aufgrund des guten Geschmacks einer Marke oder einer Abfüllung, sondern vielmehr durch optische Vorlieben für Box, Kiste oder Röhre generiert werden.

In grauer Vorzeit war das alles einfacher: Der Durstige ging mit seinem eigenen Krug oder einem kleinen Fässchen zur Brennerei und bekam diese direkt aus dem Lagerfass befüllt. Später wurden die Flaschen für den nationalen Transport in etwas dickeres Papier eingepackt – ähnlich wie bei Royal Lochnagar heute noch. Aber passt dem gemeinen Kunden von heute die Farbe, das Motiv oder die Form einer Whiskyverpackung im Regal nicht oder findet er diese langweilig, ist es daher wahrscheinlich, dass er zur Nachbarpackung greift. Kein Wunder also, dass die Destillerien in den letzten Jahren ihre Whiskys in immer ungewöhnlichere Verpackungskonzepte, Designs und Materialien einhüllen. Metall und Holz liegen gut im Trend, aber auch phantasievoll gefaltete und verschlossene Pappschachteln sind gerne genommen. Man hat verstanden, dass man sich – wie bei anderen Produkten auch – von der Konkurrenz unterscheiden muss, um weiter zu kommen.

Bruichladdich hat in diesem Sinne seit seiner Gründung vor knapp 10 Jahren sicherlich einige Standards für den breiten Markt gesetzt – siehe auch das Bild ganz oben auf der Seite. Die Flaschen passten schon damals irgendwie zum Inhalt; gedrungen und mächtig, solide und edel, maritim und natürlich. Die Metallröhren kamen mit ihren prägnanten Farben und Designs gut auf dem Markt an, besonders bei Leuten, die vorher immer nur in die Nähe eines Whiskyregals in einem Supermarkt gekommen sind, weil ihr Weg zum Cognac oder zum Rum daran vorbei führte.

Ob sich die Einbindung keltischer Schriftzeichen, Symbole oder Landschaften der Highlands im Design einer Verpackung verkaufsfördernd auswirkt, ist umstritten. Außerhalb Großbritanniens verbinden viele Kunden, die bisher keine oder nur sehr begrenzte Erfahrung mit Whisky gemacht haben, dieses Thema sicherlich mit einem Whisky aus Schottland und fühlen sich an ihren letzten Urlaub in den Highlands erinnert. Innerhalb der Landesgrenzen zeigen Kunden jedoch eine gewisse Abneigung gegen die Verwendung dieses keltischen Clichés bei der Wahl eines verschenkbaren Whiskys.

Generell scheint das Wissen über dieses Thema aber noch in den Kinderschuhen zu stecken. Im Marketing weiß man viel über die Leute, die einen Whisky trinken. Darüber gibt es unzählige Untersuchungen. Als Konsequenz daraus wird viel Geld in die geschmackliche Optimierung der Abfüllungen und in die Werbung für die Marke gesteckt. Doch die primäre Zielgruppe der Käufer von Whisky ist bisher kaum ernsthaft unter die Lupe genommen worden. Fühlt sich dieser Käufer nicht durch die Verpackung zum Kauf inspiriert, kann der Inhalt der Flasche schon egal sein – so man sich nicht von vornherein auf einen speziellen Whisky versteift hat.

Für einen guten Designer einer Produktverpackung ist es wichtig, dass man die Auffassung des Kunden von diesem Produkt kennt. Was will er (ja, ‚tschuldigung, der kaufwillige Kunde könnte genauso gut eine ’sie‘ sein…) ausdrücken, wenn er einen Whisky kauft, den er verschenken will? Greift er unbedarft zu einem Johnnie Walker Red Label, könnte er damit sagen wollen: ‚Ich habe zwar keine Ahnung, aber auf der Packung steht immerhin Scotch Whisky‘.

Das Attribut ‚Single Malt‘ hat hingegen gerade bei unerfahrenen Käufern häufig den schönen Beigeschmack von Exklusivität. Hat es sich ein Kunde also in den Kopf gesetzt, einen Single Malt erstehen zu wollen, sollte die Verpackung diese Exklusivität unterstreichen. Das kann durch die dezente Kombination warmer Farben erreichen, durch gediegene Schriftarten, durch emotional wirkende Bilder, eventuell durch Prägungen. Doch nicht zuletzt gilt: nicht zu viele Elemente, damit der Kunde durch die Informationsflut nicht überfordert wird. Wenig Information auf kleinen Etiketten hat auch den Vorteil, dass man mehr vom Whisky in der Flasche sehen kann. Allerdings sollte die Flasche dann auch bitte klar und durchsichtig sein, nicht grün und dunkel.

Whiskyflasche Fading Hill in PappverpackungWo ich gerade dabei bin: Für ein entsprechend ansprechendes Design einer Whiskyverpackung ist es in Deutschland sogar möglich, Preise zu gewinnen. So geschehen im Jahre 2008, als das Deutsche Verpackungsinstitut (DVI) bei der Vergabe seines alljährlich ausgelobten Deutschen Verpackungspreises eine Whiskyverpackung aus Pappe in der Kategorie ‚Verkaufsverpackungen‘ nominiert hat. In dieser Verpackung wird heute der Fading Hill der Birkenhof Brennerei transportiert und verkauft. Die Begründung der Jury zur Nominierung:

Die ästhetische und sinnliche Verpackung des Whiskys entspricht überzeugend in der Gestaltungsqualität den Forderungen nach Koherenz von Inhalt und Form. Die Prägnanz der Rahmengestaltung aus unbedruckter Wellpappe, in seiner klaren geometrisch-quadratischen Form, präsentiert und schützt das Naturprodukt Whisky und besticht durch die Signifikanz.

Irritierend an einer Flasche, die wegen ihres hervorstechenden Verpackungsdesigns gekauft wurde, ist nur eines:
Gefällt dem Kunden der Inhalt, kauft er sie wieder – egal wie schön die Flasche eingepackt ist.

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