100° proof

Springbank 10yoKann ein Whisky sicher sein? Aber sicher! Sogar 100% sicher. Oder wenn man es auf Englisch sagen will: 100° proof. Und das steht dann auch teilweise auf den Flaschen, die man sich im Laden oder im Internet kaufen kann. Die Amerikaner nutzen diesen Ausdruck zur Beschreibung ihres Whiskeys recht häufig, die Schotten und die Iren heutzutage eigentlich weniger. Doch was bedeutet es, wenn eine Destillerie auf eine ihrer Abfüllungen draufschreibt: 100° proof?

‚Proof‘ ist eine kurz gesagt eine andere Ausdrucksweise für den Alkoholgehalt des Whiskys in Grad. Er stammt ursprünglich aus dem Englischen und ist definiert als 7/4 der Volumenprozent des Alkohols im Whisky. Wenn also auf dem Etikett einer Flasche schottischen Single Malts etwas von 100° proof steht, dann enthält diese Abfüllung ziemlich genau 57,15 Volumenprozent Alkohol. Wenn man weiter rechnen möchte, dann kann man für jeweils 3% Alkohol mehr etwa 5° proof hinzurechnen. Der Glenfarclas ‚105 proof‘ wird also in Fassstärke mit einem Alkoholgehalt von ungefähr 60% abgefüllt. In Schottland wurde letztes Jahr von der Brauerei Brewdog auch ein Bier namens ‚End of History‘ als 96° proof – also mit 55% Alkohol – gebraut… nur so als Seitensprung.

Doch wo kommt diese recht eigentümliche Art der Definition von Alkoholgehalten denn nun her? Historisch gesehen war es so, dass die Käufer alkoholischer Getränke sich in Zeiten, in denen es noch keine Messgeräte zur direkten Bestimmung des Alkoholgehaltes gab, trotz allem nicht mit billigem Fusel über den Tisch ziehen lassen wollten. Wichtig war dies insbesondere den britischen Seeleuten, die einen Teil ihrer Heuer in Rum ausgezahlt bekamen.

Man bediente sich also eines damals bekannten und für jedermann zugänglichen chemischen Prozesses: Man mischte Schießpulver mit dem Rum und zündete die Mischung an. Entzündete sich die Mischung und kam es zu einer blauen Flammenbildung, war der richtige Alkoholgehalt in der Mischung und der Rum – oder der Whisky – war ‚proof‘. Explosionen waren demnach ‚over proof‘ und schwache oder keine Flammen ‚under proof‘. Später dann konnte man messen, dass die korrekt entflammbare Mischung aus Rum und Schießpulver einen Alkoholgehalt von eben 57% hatte. Oder umgerechnet sieben Viertel von 100° proof.

Um das Ganze für den geneigten Alkoholgenießer aber nicht so einfach zu gestalten, haben sich die Amerikaner gedacht: Ach, das machen wir mal ganz anders und verdoppeln den Alkoholgehalt, um den proof-Wert zu ermitteln. 50% Alkohol sind in den USA also 100° proof. Im Prinzip also einfacher als in Großbritannien, aber doch eben ganz anders, wenn jemand nicht weiß, wo sein Whisky herkommt. Amerikanische Whiskeys werden auch häufig als 100° proof abgefüllt, da dies in den Staaten traditionell als Qualitätsmerkmal gilt. Denn ein Whisky – oder ein anderes alkoholisches Getränk – musste in den USA eine Zeit lang mindestens 100° proof sein, um unter der kontrollierenden Aufsicht des Zolls abgefüllt zu werden.

Allerdings ist es ab ungefähr 1980 so, dass sowohl Großbritannien als auch die USA den Produzenten alkoholischer Getränke vorschreiben, den Alkoholgehalt ihrer Getränke in Volumenprozent und nicht mehr in ‚proof‘ anzugeben. Wird der Begriff ‚proof‘ heute noch auf Flaschen mit alkoholischem Inhalt verwendet, darf dies nur als Ergänzung zu der Angabe in metrischen Volumenprozent erfolgen.

Ein Gedanke zu “100° proof”

  1. Sehr schöner Artikel, vielen Dank für die Ausführungen. Danach hatte ich schon lange mal gesucht, aber zwischenzeitlich wieder vergessen. *Blog abonniert 🙂
    Gruß Dirk

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