Aktien, Staatsanleihen oder… Whisky?

Flaschen im Verkauf von BruichladdichKrisenzeiten sind Anlagezeiten. Verunsicherte Bürger versuchen ihr Erspartes sicher und gleichzeitig möglichst Gewinn bringend anzulegen. In diesem Zusammenhang musste ich heute über einen Newsletter ein wenig schmunzeln, den ich vom The Whisky Store, dem größten Online-Versandhaus für Whisky Deutschlands, erhalten habe. Darin berichtet Horst Lüning über die durchaus spürbar gestiegene Anzahl an Anfragen zum Thema Whisky und Geldanlage. Doch sind mit Whisky gefüllte Flaschen wirklich eine Alternative zu Aktien, Lebensversicherungen, Immobilien, Staatsanleihen & Co.? Kann man mit Whisky wirklich reich werden? Oder sich nur betrinken?

Diese Fragen hatte ich im Whisky-Journal vor knapp anderthalb Jahren schon einmal gestellt. Unter dem Titel ‚Whisky als Wertanlage‚ ging es damals allerdings um eher grundlegende und technische Aspekte beim Sammeln von Whiskys: Welche Destillerien steigen am meisten im Wert? Welche Abfüllungen sind interessant? Sind unabhängige Abfüller genauso lukrativ wie Originalabfüllungen von Destillerien? Wo liegt die Rendite? In welchen Preiskategorien sollte man investieren? Wie hoch ist die Sicherheit?

Den Medienberichten der letzten Monate und dem Newsletter der Lünings nach zu urteilen, waren die Fragen damals schon gar nicht so falsch gestellt. Es scheint wirklich ein gestiegenes Interesse an alternativen Wegen zur Anlage von (Klein-)Kapital zu geben. Die Anfragen kommen dabei nicht nur von Whiskyliebhabern sondern auch vom gemeinen Anleger. Viele haben die Geschichte vom Black Bowmore gehört, der ein paar Menschen innerhalb von ein paar Jahren eine Rendite von über 3000% bescherte.

Wo Aktien zur Zeit als reine Spekulation gelten, Immobilien als unverkäuflich, Staatsanleihen als wenig Gewinn bringend und Lebensversicherungen als veraltet, liegt Whisky als Anlageobjekt im Augenblick im Trend. Natürlich nicht für die breite Öffentlichkeit, aber doch für einige sehr Interessierte. Oder sollte man doch eher sagen: für ein paar sehr Verwegene?

Immerhin bestimmt auch beim Whisky in den allermeisten Fällen das Verhältnis von Angebot und Nachfrage den Preis. Und auf Beides hat der Verbraucher kaum Einfluss. Woran soll ein Anleger trotz aller Vorhersagen und Gerüchte denn dann mit ausreichender Sicherheit erkennen können, was ihm in 10 oder 20 Jahren einen guten Gewinn einbringt? Ganz einfach: Er kann es nicht.

Wie bei Aktien kann man Abfüllungen der großen und stabilen Destillerien erwerben, um nicht ganz daneben zu liegen. Doch die Marktwirtschaft ist auch an diesen Destillerien nicht spurlos vorüber gegangen. Häufig werden die Ausgabepreise von potentiellen Anlageobjekten heute schon so gestaltet, dass eine nennenswerte Wertsteigerung für den Endverbraucher nahezu ausgeschlossen werden kann. Ausnahmen gibt es zwar wie beim Alligator bzw. dem Galileo von Ardbeg oder dem Snow Phoenix von Glenfiddich, deren Verkaufspreise knapp ein Jahr nach dem Erscheinen um fast 50% bzw. 100% gestiegen sind, doch das Gros der Abfüllungen wird diese Werte nie erreichen. Und es bleibt auch ungewiss, wie ein Snow Phoenix oder ein Galileo sich weiter entwickeln.

Eine weitere Herausforderung bei der Investition in Whisky stellt die Investitionssumme dar. Kann man bei Aktien oder Immobilien leicht mehrere 10.000 oder 100.000 Euro anlegen, sind solche Größenordnungen bei einem Whisky eher selten realisierbar. Ein Beispiel: die Destillerie Glen Machmichreich bringt eine neue Abfüllung auf dem Markt, die 1992 destilliert wurde und nun also 20 Jahre alt ist. Der Verkaufspreis beim Händler des Vertrauens könnte irgendwo bei 100 Euro liegen. Da Destillerien aber nur eine begrenzte Anzahl von Flaschen aus älteren Fässern einmalig abfüllen können – bei großen, alten Destillerien sind dies vielleicht ein paar Tausend Flaschen – müsste man also schon einen großen Teil der Abfüllung aufkaufen, um eine Aktien-adäquate Investition tätigen zu können.

Oder man geht den Weg von Aktienfonds und versucht seine Investitionen auf verschiedene Abfüllungen zu verteilen. Hier stößt man jedoch auch schnell wieder an die Grenzen des Machbaren, denn wie viele Abfüllungen kennt der Neuanleger und Gelegenheitsgenießer, um in ihnen ein gutes Geschäft sehen zu können? Zu wenige, um sich mal eben ein paar Tausend Euro sinnvoll in die Vitrine stellen oder im Keller deponieren zu können, ohne dabei Monate für die Suche zu vergeuden.

Summa summarum kann man also Folgendes festhalten: die Tipps und Aussagen von Händlern oder in Internetforen sind sicherlich korrekt. Man kann mit dem Kauf von Whisky Gewinn erzielen. Auch eine durchschnittliche Rendite, die über dem Zinssatz des Sparbuches liegt, sollte zu erreichen sein. Aber als Altersvorsorge taugt die Wertanlage ‚Whisky‘ nicht. Dafür ist die Investitionsgrundlage (sprich: Menge) einfach nicht gegeben.

Ich kaufe mir daher auch hauptsächlich Abfüllungen, die mir zur Not im Alter noch selber schmecken werden. Das ist der große Vorteil gegenüber Aktien – die sind unabhängig vom Alter recht trocken.

Ein Gedanke zu “Aktien, Staatsanleihen oder… Whisky?”

  1. Wenn ich richtig informiert bin, dann wird im asiatischen Raum noch zum Großteil blended Whisky getrunken. Ich bin gespannt, was passiert, wenn deren Kapital in der Zukunft mehr und mehr in Single Malt investiert wird, und ob es dann noch mal einen ordentlichen Ruck nach oben in den Preisen für eine Flasche Single Malt gibt. Vorzustellen fällt mir das allerdings schwer, wenn ich mir ansehe, was auf den einschlägigen Auktionen momentan für Abfüllungen von bestimmten Destillen gezahlt wird. Da wirds einem ja jetzt schon ganz schwindelig beim Hinsehen.
    Ich glaube aber, daß bereits viele „Genießer“ genau das tun, was man als Investment bezeichnen könnte. Da Du das Beispiel Ardbeg Galileo genannt hast; kaum war er bei Horst ausverkauft, so waren auf der nächsten Krügerauktion auch schon die ersten Flaschen zu sehen. Auf der aktuellen Auktion sind es 13 Flaschen, und da kann man sehen, was passiert wenn zu viele Leute gleichzeitig auf die gleiche Idee kommen: So richtig viel Kohle erzielen die nicht.
    Vielleicht haben wir Normalsterbliche ja auch Glück, und die Preise sinken irgendwann wieder, und wir kommen auch mal in den Genuß eines Schluckes Singlecask-Ardbeg aus den 1970-ern, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen. Drücken wird die Daumen…

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