Glen Buchenbach, Glen Els, Glenora

Glenora Distillery, Kanada, Cape BretonDie Gemeinsamkeit dieser drei Namen mit Bezug zu Whisky ist unschwer zu erkennen: die Vorsilbe „Glen“. Eine englische Übersetzung des gälischen Wortes „gleann“, auf deutsch: Tal. Der große Unterschied zwischen den drei Namen, von denen keiner aus Schottland kommt, ist nicht so leicht auszumachen. Zwar wurde gegen alle von der Scottish Whisky Association (SWA) geklagt, doch nur eine Brennerei gewann den Rechtsstreit – um die Nutzung des Wortes „Glen“. Bei den Klagen ging es um den Schutz von geografischen Herkunftsangaben und traditionellen Spezialitäten. Oder nicht?

Vorweg: das wird keine juristische Abhandlung, weil ich von Jura so viel Ahnung habe, wie so mancher deutsche Spirituosenbrenner von der Whiskyherstellung zu haben scheint. Es wird meine Meinung zu diesem Thema.

Eigentlich kennt man das Prinzip ja… Champagner kommt aus der Champagne, Lübecker Marzipan aus… genau, Lübeck. Und wenn Feta nicht aus Griechenland kommt, kann man ihn „Salatkäse nach griechischer Art“ oder „Deutscher Hirtenkäse nach traditioneller Art“ nennen, gerne in blau-weiß gehaltener Verpackung. Sowas wird durch die EU-Verordnung Nr. 1151/2012 geregelt.

Auf dieser Grundlage hat die SWA in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Whiskybrennern abgemahnt, die nicht in Schottland produzieren. In den meisten Fällen ging es um die Verwendung des – wohlgemerkt rechtlich nicht geschützten – Begriffes „Glen“. Eigentlich mit gemischtem Erfolg.

Glen Els LabelDie Brennerei Glenora darf weiterhin Glenora heißen, weil man mit dem Standort auf der ostkanadischen Insel „Nova Scotia“ einen direkten weil historischen Bezug zu Schottland habe. Die deutsche Brennerei Hammerschmiede aus dem Harz hat seinen Whisky mittlerweile von Glen Els in „Elsburn“ umbenannt bzw. umbenennen müssen. Der Whisky „Glen Buchenbach“ der Waldhornbrennerei aus dem schwäbischen Berglen muss sich als Jüngster in der Reihe nach einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichtes von gestern nun erst noch einen neuen Namen suchen.

Die Scottish Whisky Association vertritt als Interessenorganisation die meisten Whiskybrennereien in Schottland bzw. ihre Mutterkonzerne. Es geht in diesem Geschäft um Umsätze von mehreren Milliarden Euro. Immerhin ist Whisky nach Rohöl Schottlands zweitwichtigste Einnahmequelle. Die SWA ist also nicht nur ein Goliath, es ist eigentlich schon ein Interessenmonopol, wenn man es so ausdrücken möchte. Lobbyismus in allerfeinster Form.

Warum stört man sich also an Davids, die solch einem Goliath weder umsatzmäßig noch qualitativ in irgendeiner Form weh tun könnten?

Diese Frage haben sich viele gestellt. Will man Exempel statuieren? Will man der Frage vorbeugen, bis zu welcher Größe man ein David ist, den man leben lassen kann? Oder hat man in Edinburgh einfach zu viel Geld und zu viel Zeit? Immerhin meint man es ernst, hat man doch auf der Homepage eine eigene, nicht zu kleine Rubrik zum Thema mit dem Titel Protecting Scotch Whisky eingerichtet. Dort heißt es unter anderem:

It is said that imitation is the sincerest form of flattery. We disagree.

The popularity of Scotch Whisky means that there are many people who want to take advantage of that by selling fake Scotch or trading unfairly on its reputation. Imitations threaten the integrity of Scotch Whisky and the reputation it has built up over many years. It also undermines consumer confidence in genuine Scotch Whisky.

Aha. Es geht also um Ansehen, um das Vertrauen von Verbrauchern in ein Markenprodukt. Das sind natürlich Werte, die es zu erhalten gilt.

Und beides kann Schaden nehmen, indem man seinem Whisky oder seiner Brennerei den (Vor)Namen „Glen“ gibt? Oder „Loch“? Oder „Highland“? Oder ein Bild von einen Dudelsackspieler im Kilt auf einem Etikett zeigt? Oder ein zufälliges Schottenmuster, einen Tartan? Ja, denn alles stellt die im Ausland produzierte Spirituose fälschlicherweise in Verbindung mit den hochwertigen Originalen aus Schottland. Meint die SWA.

Beruhigend, dass die griechischen Feta-Hersteller nicht so gut organisiert zu sein scheinen. Sonst wären bald alle blauen und weißen Farben auf Salatkäseverpackungen verboten.

Glen BuchenbachIm Falle von Glen Buchenbach hat man auf grafische Elemente gänzlich verzichtet und gar noch die Zusätze Swabian Single Malt Whisky sowie Deutsches Erzeugnis – Hergestellt in den Berglen auf das Etikett gedruckt. Und mal ganz ehrlich: wie viele Menschen kennen „Glen Buchenbach“, wie viele Menschen kennen Glenlivet, Glenmorangie oder Glen Younameit? Den Warnhinweis mit dem englischen Wort „Swabian“ verstehen zudem sogar Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind.

Warum also der ganze Aufwand? Und warum letztendlich das Urteil des Oberlandesgerichtes? Hierzu legt bereits das Landgericht Hamburg in einer früheren Instanz Rechenschaft ab. Demnach schützt die vorgenannte EU-Verordnung nicht nur geografische Herkunftsbezeichnungen, sondern auch irreführende Bezeichnungen, die eine Herkunft auch nur suggerieren können. Das gilt schon für das einzelne Wort, nicht erst für den Gesamteindruck des Produktes. Erläuternde Hinweise zur Herkunft wie „Swabian“ sind darum unzulänglich.

Aha. Noch einmal. Es gibt viele Aha-Effekte in diesem Thema. Allerdings…

„Glen“ ist immer noch kein geschützter Begriff. In manchen Ländern ist das Verbot zur Nutzung des Wortes abgelehnt worden. Man kann also davon ausgehen, dass „Glen“ kein typisch schottischer Begriff ist. Es ist einfach nur ein englisches Wort. So wie es die Waldhornbrennerei in Verlauf des Rechtsstreites versucht hat, schlüssig zu belegen. Es ist offensichtlich jedoch ein Begriff, dessen Nutzung fälschlicherweise eine Nähe zu Schottland assoziieren kann. Wie eigentlich alle Worte, die von den Inseln kurz vor dem Atlantik stammen.

Denn lese ich nun das gerichtliche Argument der „irreführenden Bezeichnung“, kommt mir schnell ein Wort in den Sinn, das ALLE Flaschen mit in Deutschland produziertem Kornbrand ziert: WHISKY. Wenn ich an Whisky denke, denke ich an Schottland. Viel eher als beim Lesen des Wortes „Glen“. Whisky – uisge beatha – schottischer geht es linguistisch wohl kaum. DAS ist irreführend.

Doch vielleicht kommt es nicht von ungefähr, dass der bereits angerufene Europäische Gerichtshof das Thema wieder an die Kollegen in Deutschland zurück verwiesen hat.

Im der neuesten Folge dieses Possenspiels will die SWA nun dem kanadischen Brenner Macaloney’s verbieten, seinen Single Malt „Canadian Best“ in Deutschland zu verkaufen. Man stört sich am Namen des Brennereigründers, der einfach all zu schottisch klingt, genauso wie an den Begriffen „Island“, „Glenloy“, „Invermallie“, die von Macaloney’s verwendet werden. Im gleichen Atemzug finden sich im Portfolio von Diageo, immerhin mit 3 Direktionsposten in der SWA vertreten, die indischen Whiskys „Bagpiper“ und „McDowells“. Ein Schelm, der böses dabei denkt.

Auf der einen Seite kann ich ja die Lobbyisten der SWA verstehen. Wehret den Anfängen und Kleinvieh macht auch Mist sind zwei Redewendungen, die man hier gut verwenden kann. Trittbrettfahren auf der Popularität anderer ist wirklich kein schöner Zug.

Auf der anderen Seite verstehe ich die Inkonsequenz der SWA nicht. Wenn man Produzenten aus anderen Ländern die Nutzung von Worten und Symbolen untersagen will, die möglicherweise mit Schottland in Verbindung gebracht werden können, muss man dann nicht auch den Begriff „Whisky“ als solchen schützen? Dann ist der Schutz von „Scotch Whisky“ schlicht unzureichend.

Ob das rechtlich möglich ist, steht auf einem anderen Blatt. Immerhin hätten wenigstens die Iren in einem solchen Fall wohl und legitim Einwände. Wer jedoch nur darüber klagt, dass „Glen“ oder ein Mann im Kilt eine unzulässige Verbindung zu Schottland suggeriert, der weiß, dass mehr nicht möglich ist. Und wer weiß, dass man das Wort „Whisky“ nicht als irreführend bewerten lassen kann, der soll doch bitte bei „Glen“ kein Fass aufmachen… um mal im Bild zu bleiben.

Dann muss es ausreichen, dass bei Whisky, der nicht in Schottland produziert und abgefüllt wurde, kein „Scotch Whisky“ auf dem Etikett stehen darf. Die Kirche im Dorf lassen ist im Übrigen auch eine Redewendung, die man der SWA einmal näher bringen sollte.

My 2 ct.

PS: Kleine Bonusinfo… „Glen Buchenbach“ wird zukünftig „Buchenbach Gold“ heißen. Und das Etikett wird mit dem Zusatz „Das verbotene Tal“ versehen. So viel Spaß muss sein.

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