Um Flüssigkeiten zuverlässig in Flaschen lagern zu können, brauchen diese einen dichten Verschluss. Das gilt natürlich auch für Whiskyflaschen. Über die Jahrzehnte hinweg nutzte man bei Whiskyflaschen Drahtverschlüsse, Schraubverschlüsse sowie die heutzutage zumeist verwendeten Korken. Alle haben ihre Vor- und Nachteile und dienen demnach mehr oder weniger ihrem Zweck. Dazu später mehr. Ich möchte mich hier ein wenig detaillierter mit Korken als Flaschenverschluss beschäftigen – weil es leider immer wieder vorkommt, dass man die Überschrift dieses Posts buchstäblich nehmen kann und den Korken nach dem Öffnungsversuch nicht aus dem Flaschenhals sondern in kleinen Stücken aus der Flasche herausbekommen muss. So wie ich gestern Abend.
Einen Islay Mist wollte ich mir Abend gestern gönnen, 17 Jahre alt, vermutlich abgefüllt irgendwann Ende der 1980er. Ein Blended Scotch Whisky mit seinem Herzstück von Laphroaig, ein paar weiteren Malts aus der Speyside und von Islay sowie dem notwendigen Grain – all das Anfang der 1970er destilliert – Herz, was willst du mehr! Der Füllstand der Flasche war gut, die Kapsel saß fest um den Korken herum, dem durchsichtigen Etikett und der runden Box fehlte nichts. Das ist ein gutes Stück aus vergangener Zeit, dachte ich. Bis ich die Flasche öffnen wollte.
Bevor ich an dieser Stelle weiter schreibe, will ich noch ein kurzes Wort zu den verschiedenen Verschlussarten verlieren, die im Laufe der Jahre zum Einsatz kamen.
Mit Drahtverschlüssen, die im Fachjargon auch als ‘tin cap’ oder ‘spring cap’ bekannt sind, wurden viele Flaschen bis Ende der 1960er versiegelt. Heute findet man noch recht viele Blends aus dieser Zeit mit diesem Verschlusstyp. Der Grund liegt einfach darin, dass man damals fast ausschließlich Blends und keine bzw. nur sehr, sehr wenige Single Malts abgefüllt hat. Der Vorteil dieser Verschlussart: sie ist dicht, über Jahre und Jahrzehnte einfach dicht. Ihr Nachteil: es ist nicht einfach, eine Flasche zu öffnen, weil häufiger mal ein Fingernagel dran glauben muss.
Schraubverschlüsse lösten die spring caps zum Anfang der 70er Jahre ab. Ich nehme an, dass diese einfacher bzw. günstiger zu produzieren waren als die Drahtverschlüsse. Zudem sind sie definitiv einfacher zu bedienen. Ihr großer Nachteil ist jedoch die Langlebigkeit bzw. das gelegentliche Fehlen dieser. Auf der Innenseite eines Schraubverschlusses befindet sich in den meisten Fällen ein Plättchen aus flexiblem Kunststoff, das den Übergang vom Verschluss zum Glas der Flasche abdichten soll. Leider ist Alkohol kein großer Freund von solchen Kunststoffarten. Steht Whisky über längere Zeit in Kontakt mit den Plättchen, zersetzt es sich langsam, die Flasche ist nicht ausreichend verschlossen und es kann zu einem langsamen Luftaustausch zwischen Flascheninhalt und Umgebung kommen. Hierdurch und durch Fehlaromen, die der Kunststoff abgibt, kann es über die Jahre zu geschmacklichen Änderungen des Whiskys kommen. Kann, wohlgemerkt, es muss nicht so sein. Schon gar nicht bei fachgerechter Lagerung von Whiskyflaschen.
Zuletzt der Kork(en). Kork ist ein Naturprodukt und wird aus der Rinde von Korkeichen gewonnen, die fast nur in Südeuropa wachsen. Korken können aus jungfräulichem Kork hergestellt werden, aber genauso aus wiederverwendetem Material. Oder aus Kunststoff – aber das nur als Randnotiz der Vollständigkeit halber. Kork-Korken gab es bei Whiskyflaschen im Laufe der Zeit eigentlich immer mal wieder (siehe Bild oben). Doch erst Anfang/Mitte der 1980er wurden sie in der Neuzeit auch auf breiterer Front anstelle von Schraubverschlüssen verwendet. Warum sie erst so spät so populär wurden, ist hingegen eine gute Frage. Es ist nur sicher so, dass Korken einen guten Kompromiss zwischen Draht- und Schraubverschluss darstellen: leicht in der Handhabung und relativ sicher.
Relativ. Normalerweise dichtet ein Korken den Flaschenhals so ab, dass der Whisky in der Flasche ausreichend gut geschützt ist. Dazu wird er noch durch eine Kapsel gesichert. Doch natürlich sitzt er nicht so stramm wie ein Korken in einer Weinflasche. Man leert ja nicht eine Flasche Whisky an einem Abend, wie man das in guter Gesellschaft mitunter mit Wein tut. Da muss der Whiskykorken schon etwas lockerer sein, um die Flasche am Ende des Abends wieder verschließen zu können.
Hinzu kommt, dass Wein besser liegend gelagert werden soll, um den Korken feucht und Sauerstoff vom Wein fern zu halten. Doch Whisky enthält wesentlich mehr Alkohol als Wein und dieser hohe Alkoholgehalt zusammen mit der Flüssigkeit beeinträchtigt Funktionalität und Stabilität des Korkens bei Dauerkontakt. Wer seinen Whisky also falsch lagert und die Flaschen ins Regal legt, der riskiert, dass der Korken Schaden nimmt. Und weil der Whiskykorken so lose sitzt, wie er sitzen muss, können kleine Schäden am Korken schon dazu führen, dass der Whisky sich über Jahre hinweg spürbar verändert.
Soweit zum Exkurs, zurück zum Thema.
Ich saß gestern Abend also zusammen mit meiner feinen Flasche Islay Mist und freute mich auf deren Inhalt. Die Kapsel wurde schonend und gekonnt entfernt. Den Korken zog ich – wie immer – nicht einfach nach oben aus dem Flaschenhals, damit er bei etwas festerem Sitz nicht plötzlich abreißt, sondern drehte ihn vorsichtig mit der linken Hand.
Nein, stop! Es kam nicht wirklich zu einer Drehung. Nach kurzem Widerstand hatte ich den Kopf des Korken auf einmal in der Hand. Wie beim Festdrehen einer Schraube: nach fest kommt ab. Nur der Schaft des Korkens steckte noch im Flaschenhals fest. Ok, kein Problem, diese Flasche rette ich wie 2-3 andere zuvor mit einem Korkenzieher. Vorsichtig und weit genug in den abgerissenen Korken reingedreht und dann noch vorsichtiger nach oben gezogen. Das Ergebnis waren nur ein paar Korkenkrümel, die ich noch am Korkenzieher klebend aus der Flasche ziehen konnte. Der Rest des Korkens klebte steif im Flaschenhals. Sch****!
Die Flasche hat sicherlich längere Zeit irgendwo gelegen, und der Korken wurde durch Alkohol und Flüssigkeit klebrig und porös. Eine blöde Mischung, wenn ich das so sagen darf. Es blieb mir also nicht viel mehr, als den klebenden Rest des Korkens in die Flasche zu bröseln, um die Öffnung frei zu bekommen. Danach habe ich den Whisky mit allen Korkenkrümeln durch einen Teefilter in eine andere Flasche geschüttet. Normalerweise kann man den Whisky auf diese Weise wieder genießbar machen. Nicht so diesen Islay Mist, der war hin.
Schlimmer als das, was der Whisky im Laufe der Zeit mit dem Korken gemacht hat, war in diesem Fall also, was der Korken aus dem Whisky gemacht hat. Laphroaig? Fehlanzeige. Speyside Malts? Möglicherweise. Grain? Sicherlich. Ich weiß natürlich nicht, wie der Dram eigentlich hätte schmecken sollen, aber dieser hier war einfach nur flach, völlig ausgezehrt. Durch den Kontakt mit dem Kork(en) schmeckte er im wesentlichen nach dem Aroma, das man nach ein paar Dutzend aufgepusteten Luftballons im Mund hat. Gummi und dieses ekelige Trockungspuder. Ab in den Ausguss. Doppel Sch****!
Hier und jetzt also meine inständige Bitte an die Besitzer von Whiskyflaschen aller Couleur, die dort draußen in der welt-weiten-Whisky-Welt diesen Artikel gefunden und bis hierhin gelesen haben:
Soll heißen:
1. Stehend
2. Dunkel
3. Bei gleichbleibend gemäßigter Temperatur
4. Bei gleichbleibender Luftfeuchte
5. In sauberer Luft
Und wenn ihr ganz lieb zu euren über lange Zeit ungeöffnet aufbewahrten Flaschen sein wollt, dann dreht ihr sie alle paar Monate kurz auf den Kopf und sorgt dafür, dass der Korken nicht komplett austrocknet.
Dann muss niemand ein abruptes und zu frühes Ende des Abends erleben und leise wegen Geldverschwendung bzw. wegen verdorbenen Genussmitteln vor sich hinfluchen. Denn der Korken gehört in den Flaschenhals und nicht in die Flasche.