Ja, richtig gelesen: eine Milliarde Pfund für Whisky. Aber damit ist natürlich nicht der Rekordpreis gemeint, den ein Sammler für eine einzelne, sehr seltene Flasche Whisky bezahlt hat. Damit ist viel mehr die pfundige Summe gemeint, die Diageo – einer der wirklich großen Spieler im Whisky-Business – in den kommenden 5 Jahren in seine Produktion von Whisky in Schottland investieren will. Damit will der Großkonzern sicher stellen, dass er die wachsende Nachfrage nach schottischen Malt Whiskys auf dem Weltmarkt in Zukunft auch ausreichend decken kann. Eine weise Entscheidung, wenn man sich die Verkaufszuwächse in den vergangenen Jahren und den Füllstand der Lagerhäuser auf dem schottischen Festland und den zugehörigen Inseln ansieht.
Dabei ist eine Milliarde Pfund, das sind bei heutigem Kurs umgerechnet etwa 1,23 Milliarden Euro, eine Summe, mit der man im Bereich der Produktion und Vermarktung von Whisky schon viel erreichen kann. Diageo will das Geld wie folgt verwenden:
- Errichtung einer neuen Malt Destillerie
- Umfassende Expansionen bestehender Destillerien
- Grundlegende Erweiterungen der Lagerhauskapazitäten für die Reifung von Whisky
- Schaffung von Hunderten Arbeitsplätzen in ökonomisch benachteiligten Regionen Schottlands
Die Milliarde soll auch noch ausreichend sein, um zusätzlich eine zweite Destillerie zu errichten, wenn der Weltbedarf nach schottischem Whisky sich auf dem Niveau der erwarteten Mengen behaupten kann. Hier werden die Länder und Regionen als zukünftige Hauptabnehmer angesehen, die auch heute schon ein hohes Wachstum aufweisen. Insgesamt geht Diageo davon aus, alleine mit den Erweiterungen aufgrund der geplanten Investition mehrere Millionen Liter von Schottlands beliebtestem Exportprodukt zu produzieren. Die Erweiterungen der bestehenden Destillerien sollen zugleich auch Modernisierungen mit sich führen, durch die eine Belastung der Umwelt begrenzt wird. Dabei soll unter anderen verstärkt Bioenergie zur Herstellung des Whiskys eingesetzt werden.
Diageo hat in den vergangenen 5 Jahren eine Umsatzsteigerung von 50% bei seinen schottischen Whiskymarken verzeichnen können. Der Gesamtumsatz des Konzerns, zu dem auch bekannte Marken außerhalb der Whiskybranche wie Smirnoff, Bailey’s und Guinness gehören, nähert sich in diesem Finanzjahr den 3 Milliarden Pfund, von denen ein knappes Viertel durch den Scotch generiert werden. Von diesem Gesamtumsatz werden also knapp 7% pro Jahr wieder in die Produktion von Malt Whisky investiert, um immer wahrscheinlich werdende Versorgungslücken schon heute schließen zu können.
Genau genommen ist es jedoch nur die Hälfte der Milliarde, die aktiv für eine Erweiterung von Produktion und Lagerkapazität investiert wird. Diageo erwartet, dass ein entsprechender Teil durch die eigentliche Lagerung des Whiskys und die notwendige Reifezeit der erweiterten Produktion in Fässern für die nächsten 5 Jahre ‚brach‘ liegen wird.
Zur Zeit besitzt Diageo Single Malt Destillerien, die über ganz Schottland verteilt liegen: Caol Ila, Lagavulin und Talisker von den Inseln, Clynelish im Norden, Oban im Westen, Glenkinchie im Süden und noch etliche andere Destillerien in der Speyside, dem Herzen der schottischen Whiskyproduktion. Spannend wird es also, wenn Diageo bekannt gibt, an welcher Stelle man eine neue Destillerie aufbauen wird – auch wenn diese wenigstens in den ersten Jahren kaum hochwertige Single Malts sondern in erster Linie für die Blends des Konzernes wie Bell’s, Dimple, J&B, Johnnie Walker oder VAT 69 produzieren wird.
Vor ein paar Wochen hatte ich an gleicher Stelle noch geschrieben, dass ich mir wohl nie mein eigenes Whiskyfass zulegen werde. Daran hat sich auch nichts geändert. Doch wenn ich nun lese, mit welchen Summen in der Whiskywirtschaft heutzutage gearbeitet wird, würde ich nicht lange überlegen und mir meine eigene Destillerie aufbauen… wenn mir aber jemand das nötige Kleingeld zuschießt – was ja nur einen klitzekleinen Bruchteil der Milliarde Diageo’s ausmachen müsste.
Ach so, wenn jemand möchte, kann er hier die Pressemitteilung von Diageo im Original nachlesen.