Wer das Stadium des Johnnie-Walker-auf-Eis-Trinkens ein gutes Stück hinter sich gelassen hat, wird schon die aromatische Vielfalt des Single Malts entdeckt haben. Es gibt wohl keine andere Spirituose, die geschmacklich so viel zu bieten hat wie Whisky. Einige von denen, die sich durch die unterschiedlichen Fasstypen und Brennereien durchprobiert haben, wollen aber mehr. Den meisten davon ist es genug, ein Whiskyfass ihr Eigen nennen zu können, das zum Beispiel in einer schottischen Brennerei reift. Ganz schlimme Fälle gehen aber noch einen Schritt weiter: sie wollen ihren eigenen Whisky machen.
Ok, die Überschrift „Whisky selber machen“ ist in diesem Zusammenhang eventuell etwas irreführend. Selber das Destillat brennen – da scheiter(te)n schon viele professionelle Brenner, die, wie in Deutschland oft gesehen, von Obstbränden auf Malzbrände umsteigen wollen.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, von Profis hergestellten und qualitativ hochwertigen New Make in eigenen Fässern reifen zu lassen. Diejenigen mit weniger Selbstvertrauen können auch einen fertigen Whisky in einem Fass mit entsprechender Vornutzung nach eigenem Gusto nachreifen lassen. Als Finish sozusagen. Welchen Weg man am Ende auch immer wählt, dieser führt kaum an kleinen bzw. kleinsten Fässern mit einem Fassungsvermögen von 2 bis 30 Litern vorbei.
Es soll aber auch gleich gesagt sein, dass beide Wege nicht immer zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Wer es dennoch wagen möchte, sollte ein paar gut gemeinte Hinweise beachten.
Ökonomie
Fässer, vor allem gute Fässer und solche mit größerem Volumen, sind nicht gerade günstig. Kleinere gibt es schon für dreistellige Beträge. Möchte man seinen New Make in einem größeren Fass reifen lassen, in dem zuvor Sherry lagerte, reden wir schon über vierstellige Beträge. Hinzu kommt, dass das Fass auch mit einer entsprechenden Menge Flüssigkeit befüllt werden muss. Die finanzielle Mehrbelastung zwischen einem 5-Liter-Fass und einem 250-Liter-Fass ist da schon gewaltig. Größere Fässer haben jedoch den Vorteil, dass daraus während der Reifung anteilig weniger Flüssigkeit entweicht (Angel’s Share). Der Ertrag ist also vergleichsweise höher, wenngleich die Reifung langsamer erfolgt.
Fasstypen
Aus Eichenholz sollte das Fass schon bestehen. Gerne auch aus Holz, dass vorher schon zur Reifung von Wein oder Spirituosen genutzt wurde, um ein schmackhafteres Ergebnis erzielen zu können. Beim Kauf von kleinen Fässern (also unter 5 Litern) sollte man zudem darauf achten, dass man kein Deko-Fass erwischt, das von innen mit Wachs oder Lack versiegelt ist. In diesen gibt es keinen Kontakt zwischen Destillat und Holz und demzufolge auch keine Reifung.
Vorbehandlung
Alle Fässer, egal ob aus neuem Eichenholz oder aus gebrauchten Dauben hergestellt, sollten vor der Nutzung ausgebrannt werden. Hierdurch wird das Fass gereinigt und Holz des Fasses „aktiviert“. Es kommt so zu einer intensiveren Interaktion zwischen Flüssigkeit und Holz. Der Grad der Verkohlung spielt hier auch eine Rolle, obwohl diese bei kleinen Fässern weitaus geringer ist. In einem zweiten Schritt sollte man das Fass mit warmen Wasser befüllen, damit zu trockenes Holz aufquillt und ungewollte Löcher sich schließen. Das ist gegebenenfalls zu wiederholen. Danach kann man das Holz mit einer „schmackhaften“ Flüssigkeit vorbehandeln. Das ist vor allem bei neuen Fässern ratsam, wird aber, wenn man sich für Wein, Sherry, Rum oder ähnliches entscheidet, auch bei gebrauchten Fässern zu einem aromatischeren und weniger holzigen Ergebnis führen. Selbst wenn der Kontakt von Flüssigkeit zu Holz bei kleinen Fässern intensiver ist, sollte man für die Vorbehandlung einen Zeitraum von mehreren Monaten einplanen.
Inhalt
Wie schon erwähnt, kann man sowohl New Make als auch vorgereiften Whisky in sein Fass füllen. Ersterer ist immer einfach zu beschaffen, Zweiterer bietet schon eine geschmackliche Basis. Wenn man also nicht unbedingt „from scratch“ starten möchte, sind das zwei gute Gründe, von New Make die Finger zu lassen. Ein rauchiger Ardbeg oder ein ebensolcher Caol Ila in einem kleinen Fass, das mit Oloroso Sherry vorbehandelt wurde, kann schon nach kurzer Reifung zu einem leckeren Ergebnis führen.
Reifung
Diese erfolgt in kleinen Fässer viel schneller als in größeren. Reden wir bei einem 5-Liter-Fass von ein paar Monaten, sind es bei einem Octave oder einem Barrel schon mehrere Jahre. Der intensivere Holzkontakt und die schnellere Reifung in kleinen Fässer bewirkt zudem, dass vermehrt weniger angenehme Aromen wie Bitterkeit in den Whisky gelangen. Und wenn man es ganz buchstäblich nimmt, dann darf sich ein Destillat sowieso erst nach 3 Jahren Whisky schimpfen. Warum sollte man sich hier also beeilen und selber betrügen?
Ergebnis
Ein Flüssigkeitsverlust von 25% und mehr nach 3 Monaten in Kleinstfässer ist leider keine Seltenheit. Das liegt nicht nur an der großen Holzoberfläche im Vergleich zum Inhalt sondern auch an der schwierigeren Verarbeitung der Fassdauben. Man kann also nach eine halben Jahr unter Umständen nur noch eine knappe Hälfte ernten – wobei auch die erwartete Qualität nicht unbedingt gewährleistet ist. Kein erfreulicher Gedanke.
Alternativen
- Wer knapp 130 Euro übrig hat und einfach mal loslegen möchte, kann sich das Wasmund´s Barrel Kit kaufen. Enthalten sind ein (sehr) kleines 2-Liter-Fass aus neuer amerikanischer Eiche sowie 1,4 Liter Rye Spirit mit 62% Alokolgehalt. Wer lieber einen Malzbrand reifen lassen möchte, muss also noch ein paar Euro mehr investieren und selber einkaufen gehen. Nach 2 bis 3 Monaten Reifung kann man abzapfen, muss aber damit rechnen, dass 50% des Spirits aus dem Fass verschwunden sind. Ausprobiert habe ich es selber nicht, aber man kann nachlesen, dass das Ergebnis sowohl als zufriedenstellend als auch als misslungen bezeichnet wird. Geschmäcker sind eben verschieden.
- Man „bastelt“ sich seinen eigenen Whisky und greift dabei auf professionelle Hilfe zurück. Die schwedische Whiskybrennerei Mackmyra bietet in dessen Lager am Gut Basthorst in der Nähe von Hamburg beispielsweise seit 2014 an, dass interessierte Kunden sich aus einem kleineren Portfolio an unterschiedlichen New Makes bedienen und damit 30-Liter-Fässer befüllen können, in denen zuvor Bourbon oder PX reifte. Regelmäßige Besuche zur Kontrolle der Reifung sind möglich, genauso wie die Anwesenheit beim Abfüllen in Flaschen. Knapp 100 Fässer liegen dort zur Zeit. Die deutsche Brennerei St. Kilian bietet eine ähnliche Möglichkeit. Ein „Private Cask“, ebenfalls mit 30 Litern Inhalt, kostet dort zwischen 2400 und 3200 Euro. Die Lagerung dauert die gesetzlich vorgeschriebenen 3 Jahre und man bekommt am Ende um die 25 Liter Whisky.
- Man nehme eine Flasche New Make, gebe einen Eichenholzstab aus einer gebrauchten Daube dazu und wartet. Das Ergebnis habe ich im Selbstversuch hier und hier schon beschrieben. Kann man machen, muss man aber nicht.
- Wer zu hohes Risiko scheut und auf das Attribut „selber machen“ nicht auf die Goldwaage legt, dem bieten beispielsweise junge schottische Brennereien, die auf schnelle Einnahmen angewiesen sind, die Möglichkeit, ein Fass mit Inhalt zu kaufen. Hier reden wir im Normalfall über Fässer mit einer Größe von 200 Litern und aufwärts. Sowohl beim New Make als auch bei der Vornutzung der Fässer kann man aus verschiedenen Varianten wählen. Das ist nicht ganz günstig (mittlere vierstellige Beträge und mehr), und auch das Ergebnis stellt sich erst nach einigen Jahren ein. Wem das zu teuer ist, kann sich natürlich auch an professionellen Fassteilungen beteiligen.
Summa summarum kann das Selbermachen von Whisky also mit recht hohen Einstiegskosten verbunden sein. Zudem sind Ertrag und Qualität des Whiskys… na, nennen wir es einmal „ungewiss“. Würde man mich vor die Wahl stellen, mein Geld für selbst gemachten oder für fertig abgefüllten Whisky ausgeben zu müssen, ich würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit letzteres wählen. Meine Schmerzgrenze liegt beim Kauf von Anteilen an einem Fass, dessen Inhalt in einer ordentlichen Brennerei gebrannt und dort abgefüllt wurde.