Whisky wissenschaftlich

Whisky DiplomaKeine Bange, trotz Überschrift werde ich jetzt nicht sonderlich wissenschaftlich, mit Beschreibungen von umfangreichen Versuchen, komplizierten Berechnungen, abgehobenen Theorien oder so. Es bleibt diesbezüglich ziemlich harmlos. Obwohl… einen kleinen Versuch möchte ich mir doch erlauben: versucht nach 3 bis 4 Drams mal die Überschrift fehlerfrei zu auszusprechen 🙂 (nein, es gibt nichts zu gewinnen)

Einige werden sich sicher schon einmal diese (oder eine ähnliche) Frage gestellt haben: Wie wird man eigentlich Brennmeister, Master Distiller oder Master Blender? Wenn man Erzählungen aus Schottland Glauben schenken möchte, dann liegt das an den Genen. Der Vater hat es vom Großvater gelernt, der Sohn hat schon als Kind nach der Schule dem Vater bei der Arbeit in der Brennerei zugeschaut und ab dem 5. Lebensjahr jeden Abend auf dem Schoß des Papa an einem kleinen Dram des Lebenswassers riechen dürfen. Letzteres ist dabei die politisch korrekte Interpretation der wahren Begebenheiten, die schottische Brennereiangestellte häufiger erzählen. Man lernt das Handwerk sozusagen von der Pike auf. Doch Es geht auch ganz anders, zum Beispiel als Quereinsteiger, der eher auf der wissenschaftlichen Schiene fährt.

Es geht im Folgenden also ausnahmsweise nicht um Whiskygenuss oder Geschichten von Brennereien samt deren Abfüllungen. Es geht vielmehr um wissenschaftlich mehr oder weniger fundierte Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung in Sachen Whisky, seiner Geschichte, der Produktion, der sensorischen Wahrnehmung. Es geht um Diplome, Master-Titel und Zertifikate, die man sich nach erfolgreich bestandener Arbeit einrahmen und an die Wand hängen kann. Könnte. Wenn man denn möchte.

Barley Gerste bei BalvenieDer eine oder andere hat sicherlich schon von der Möglichkeit gehört, Brauwesen studieren zu können. Das kann man in Deutschland beispielsweise an der Technischen Universität München im Studiengang ‘Brauwesen und Getränketechnologie‘. Nach 6 erfolgreich abgeschlossenen Semestern kann man sich ‘Bachelor of Science’ oder kurz ‘B.Sc.’ in diesem Fach nennen und diesen Titel stolz hinter seinen Namen schreiben.

An der Heriot-Watt University im schottischen Edinburgh wird die wissenschaftliche Ausbildung zum Braumeister landes- und damit standeskonform mit der des Brennmeisters verknüpft. Eine solche Verknüpfung liegt fachlich allerdings auf der Hand, nicht nur wenn man sich in Schottland ausbilden lassen möchte. Mit einem Studium in Edinburgh lernt man etwas über Brau- und Brennkunde, über Chemie und über Produktionssteuerung. Damit kann man zum Beispiel Mälzer werde. Oder Brauer. Oder Brenner. Oder man geht in die Forschung.

Von einer weiteren Art der Ausbildung in Sachen Whisky habe ich erst neulich gehört. Die Herangehensweise ist dabei genauso überraschend, wie innovativ und selbstlos. Überraschend, weil der Studiengang nicht unbedingt den Gedanken an Whisky aufkommen lässt, da es um eine Masterarbeit an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln geht. Innovativ, weil das Thema ‘Whiskykonsum als multisensorisches und identitätsstiftendes Erlebnis‘ bisher offensichtlich noch nicht wissenschaftlich untersucht wurde, weder von Brennmeistern, noch von Philosophen. Selbstlos, weil die Autorin, die vor ihrer Arbeit keinerlei Erfahrung mit Whisky hatte, ihren Körper generös der Wissenschaft zur Verfügung stellte, um eben multisensorische Erfahrungen und identitätsstiftende Erlebnisse subjektiv korrekt beschreiben zu können – unter anderem mit der Teilnahme an diversen Tastings und einem Trip zum Speyside Whisky Festival.

Das nenne ich Einsatz im Namen der Wissenschaft. Man kann als Malthead (und nein, ich bin kein Freak… so weit zur Stiftung von Identitäten) zu einigen Aussagen und Erkenntnissen zwar eine andere Meinung haben. Doch grundsätzlich ziehe ich meinen Hut, dass man mit diesem Thema und diesem Einsatz wissenschaftliche Lorbeeren ernten kann. Mein Lesetipp an dieser Arbeit ist auf jeden Fall der Prolog. Obwohl auch der Rest der Arbeit über weite Strecken kurzweilig und verständlich zu lesen ist.

Charles MacLeanLetztendlich – und nun wird es für den persönlichen oder geschäftlichen Nutzen zunächst völlig unbrauchbar, weil in der Branche noch ziemlich unbekannt – bietet der im letzten Jahr gegründete ‘Rat der Whiskeymeister’ (oder im englischen Original: The Council of Whiskey Masters) Kurse an, der den interessierten Teilnehmer bei erfolgreichem Abschluss den Titel des ‘Master of Scotch’ oder im 4. Level dem des ‘Master of Whiskey’ tragen lässt. Uha-dada! Auf dem Weg dorthin kann man sich unter anderem ‘Certified Scotch Professional’ oder ‘Certified Whiskey Specialist’ schimpfen lassen. Visitenkartentauglich abgekürzt als CSP beziehungsweise CWS. Uha-dada-dada!

Die Zertifikate werden nach Online-Tests (bitte jeder nur ein Kreuz!) und die Master-Titel nach Prüfungen in Schottland vor einer Prüfkommission vergeben. Im Beirat der Organisation sitzen dabei bekannte Namen der Branche wie Dave Broom, Charles MacLean, Dominic Roskrow oder Bernhard Schäfer. Man versucht mit dieser ‘Ausbildung’ offensichtlich an eine Zertifizierungsordnung anzuknüpfen, die in ähnlicher Form aus den USA kommt und nach eigenen Aussagen das A und O für eine Akkreditierung von Weinsommeliers ist. Der interessierte Kunde zahlt für die beiden Grundkurse 395 bzw. 495 Britische Pfund sowie weitere 140 bzw. 180 Pfund für die Zulassung zu den Prüfungen.

Ob man einen angemessenen Gegenwert hierfür bekommt, wird wohl erst die Zeit zeigen können. Im Augenblick halte ich diese(n) Kurs(e) noch am ehesten für diejenigen geeignet, die sonst schon alles haben. Ein paar Black Bowmores, alle Jahrgänge von Macallan (natürlich ungefälscht!), sämtliche Family Casks von Glenfarclas und selbstverständlich das komplette Hanyu-Kartenspiel. Da hat man doch sicher ein wenig Kleingeld für so einen netten Spaß übrig, oder?

Wissenschaft ist beim Thema Whisky bestimmt nicht jeder Manns Sache. Die große Mehrheit trinkt, genießt und schweigt lieber. Doch mal ganz ehrlich: ist nicht irgendwo jeder ein kleiner Wissenschaftler, der versucht, ein paar Aromen in seinem Dram mit seinen Lebenserfahrungen zu kombinieren? Ich finde schon. Das schöne ist daran nur, dass man keine Zertifikate dafür braucht. Jeder so, wie jeder mag. Und schon sind wir wieder bei der Philosophie.

Sláinte!

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