Adelphi baut Ardnamurchan Destillerie

Ardnamurchan DestillerieDas scheint wirklich langsam Mode zu werden in der Whiskywelt. Nun geht mit Adelphi bereits der 5. unabhängige Abfüller (wenn ich da richtig gezählt habe…) den mutigen Schritt, sich eine eigene Produktion, sprich Destillerie, zuzulegen. Während die Ardnamurchan Destillerie von Adelphi auf der gleichnamigen Halbinsel jedoch noch nicht gebaut ist, haben die anderen vier Abfüller bereits bestehende Destillerien gekauft oder sind mit ihnen eng verbunden: Signatory besitzt heute Edradour, Benromach gehört zu Gordon & MacPhail und Ian MacLeod ist der Eigner von Glengoyne sowie Tamdhu. Darüber hinaus gibt es die sehr enge Zusammenarbeit von Murray McDavid und Bruichladdich. Fehlt eigentlich nur noch eine eigene Produktion für Duncan Taylor, die Hart Brothers, Doug Laing und Cadenhead.

Aber zurück zu Adelphi und Ardnamurchan. Der geplante und mittlerweile auch von den Behörden genehmigte Standort für die neue Single Malt Destillerie auf/in Ardnamurchan mag für so manchen Mitteleuropäer ja ziemlich weit weg vom Schuss liegen. Objektiv gesehen ist das bei einer Einwohnerzahl von nicht mehr als 2000 auf einer Fläche von einem knappen Drittel der Fläche Bremens auch sicherlich richtig. Doch darf man nicht vergessen, dass Adelphi im nahe gelegenen Glenborrodale Castle seinen Hauptsitz hat. Dazu gibt es noch weitere Standortvorteile, aber dazu später mehr.

Lage der neuen Ardnamurchan Destillerie

Der Name Adelphi ist im Vergleich zu vielen anderen unabhängigen Abfüllern sogar mit einem Stück echter Geschichte behaftet. Im Jahre 1826 nahm nämlich in Glasgow eine Destillerie mit dem Namen ‚Loch Katrine Adelphi‘ ihre Arbeit auf, die nach der Quelle ihres Wassers (Loch Katrine) und einer nahe gelegenen Straße (Adelphi Street) benannt wurde. Diese Destillerie wurde allerdings 1902 still gelegt und seitdem gab es keine hauseigenen Abfüllungen mehr mit diesem Namen. 1993 gründete jedoch ein Urenkel der Besitzer von Loch Katrine Adelphi den heute bekannten unabhängigen Abfüller.

Vor 5 Jahren begannen die Obersten von Adelphi dann zu untersuchen, auf welche Art man die Geschäftstätigkeit am besten erweitern könne. Zur Diskussion stand zunächst das Abfüllen von Fässern mit New Make Spirits verschiedener Destillerien, was zwar am billigsten wäre aber letztendlich als zu risikoreich im Sinne der hausinternen Qualitätsansprüche abgetan wurde. Es wurde auch der Kauf einer stillgelegten Destillerie erörtert, was aber Adelphi für die nächsten 8 bis 10 Jahre zu sehr an den Namen und den Lagerbestand der gekauften Destillerie gebunden hätte (hmm, Remy Cointreau hat das weniger gestört…).

Man entschied sich zuletzt für den Bau einer völlig neuen Destillerie, die voraussichtlich ab 2013 produzieren und bis dahin 5 Millionen Pfund gekostet haben soll. Man ist sich bei Adelphi bewusst, dass diese Lösung mit einer Dürreperiode von 8 bis 10 Jahren verbunden ist, in der kein hauseigener Whisky in akzeptablen Maßstäben gewinnbringend veräußert werden kann. Jedoch hat man mit dieser Lösung die volle Kontrolle über den Namen Adelphi und über die Produktion, angefangen bei den Rohstoffen und endend bei der Destillation. Zudem sieht man einen Vorteil darin, dass durch die laufende Geschäfte als unabhängiger Abfüller, durch Fassverkäufe und durch das neue Besucherzentrum in den ersten Hungerjahren einige Einnahmequellen hat.

Mit dem Bau der neuen Destillerie will man aber auch neue Maßstäbe setzen. So soll diese Schottlands erste Whiskydestillerie werden, die mit Hilfe eines mit Holzschnitzeln befeuerten Biomasseheizkessels und durch Wasserkraft selbstversorgend in Sachen Energie ist und auch Abwässer nicht mehr über die Grundstücksgrenzen hinaus transportieren muss. Darüber hinaus will man in kleinem Maßstab Bio-Treibstoff aus Nebenprodukten des Destilliervorgangs (‚Pot Ale‘ als Restflüssigkeit im Wash Still mit etwa 1% Alkoholgehalt sowie Treber als die ausgelaugten Rückstände des Malzes, die auch gerne als Tierfutter eingesetzt werden) für die Region produzieren. Die lokale Versorgung mit erstklassigem Trinkwasser, mit ausreichend Kühlwasser, mit dem primären Energieträger Holz sowie mit Wasserkraft als auch die Anbindung an das öffentliche Straßennetz sind an dem gewählten Standort gesichert. Darüber hinaus bringt man der Region 10 wichtige Arbeitsplätze und stärkt den Tourismus mit den 20.000 erwarteten Besuchern jedes Jahr. Alles – auch das stabile kühle Klima – scheint perfekt vorbereitet für die Reifung guter Single Malts.

An dem Standort auf Ardnamurchan wird die neue Destillerie von Adelphi zugleich auch die westlichste Destillerie auf dem schottischen Festland sein. Hier soll mit Handwerkskunst Single Malt produziert werden, der auch weltweiten Ansprüchen gerecht wird. Das soll sich auf in der Architektur der Destillerie widerspiegeln. Auf Ardnamurchan soll im Gegensatz zu den in den letzten 100 Jahren an anderen Orten häufig gebauten ausschussorientierten Blend-Destillerien eine kleine aber feine Single Malt Destillerie entstehen, die großen Wert auf eine stetige Verbesserung der Qualität sowie auf die gute Einbindung in die Umwelt der Region legt.

Die neue Destillerie soll im Jahr ’nur‘ 100.000 Liter Whisky produzieren können und liegt damit bei etwa einem Drittel anderer Destillerien an der Westküste oder auf den Inseln. Mehr als 300.000 Liter sollen es jedoch nie werden, da man bei Adelphi der Ansicht ist, dass kleine Mengen die Qualität verbessern. Der Whisky lagert und reift vor Ort in Ardnamurchan bei mildem, maritimem Klima und soll aufgrund der Abgeschiedenheit der Destillerie und der begrenzten Produktionsmengen nie für Blends eingesetzt oder als Massenware vertrieben werden.

Bis zu 50% der benötigten Gerste kommen von einer zuverlässigen und erprobten Farm in West Fife. Das Malz wird daraus in Ardnamurchan auf einem traditionellen Malzboden hergestellt und in Kilns getrocknet. Das fehlende Getreide erwirbt man von einer der führenden Mälzereien in Schottland. Transportkosten sind natürlich ein Faktor, den man bei einer solch abgeschiedenen Lage einer Destillerie beachten muss. Auch darum ist man so bedacht darauf, die anderen Zutaten für die Whiskyproduktion in der Nähe der Haustüre zu haben. Gereifter Whisky wird dann aber zur Abfüllung wieder zurück nach Fife transportiert, wenn auch in platzsparenden Tankwagen und nicht in Fässern.

Aus der Branche hört man eigentlich nur Positives zu den Plänen Adelphis. So lässt beispielsweise Anthony Wills, Gründer und Besitzer der nicht viel jüngeren Kilchoman-Destillerie auf Islay, verkünden, dass Kilchoman diesem spannenden Projekt seine volle Unterstützung verspricht. Man bringt dadurch auf eine sehr sympathische und ehrliche Weise Beschäftigung und mehr soziale Sicherheit nach Ardnamurchan, die auch auf Islay so herzlich willkommen geheißen hat. Oder wie Andrew Dewar-Durie, ehemaliger Chef und Vorstand von Allied Distillers, es ausdrückt: Adelphis Hingabe zu Qualität sei unübertroffen und ihr weiterer Erfolg hart erarbeitet. Der Bau einer neuen Destillerie unterstreiche nur diese Ambitionen und Adelphis Vertrauen in die Zukunft.

Ich bin auch mal gespannt, wie sich dieser neue Westküstler in ein paar Jahren präsentieren wird. Laut Alex Bruce, Sales & Marketing Director bei Adelphi, sollen die ersten in größeren Mengen bereit gestellten Abfüllungen in 5 bis 8 Jahren erhältlich sein, abhängig von der Qualität des New Make. Darüber hinaus soll es immer mal wieder Single Casks geben, an denen der Markt schnuppern darf. Er beschreibt den zu erwartenden Charakter als maritim und süß wobei man durch Verwendung von lokalem Torf beim Trocknen des Malzes bewusst diese Geschmacksrichtungen erzeugen will. Drei Standardabfüllungen soll es geben: eine getorfte mit etwa 20 ppm, sowie eine weniger getorfe Version und eine ohne jeglichen Torf. Das getorfte Destillat soll dabei in amerikanischer Eiche lagern, die beiden weniger bzw. ungetorfen in ehemaligen Sherryfässern.

Update 31.07.2014: Das erste Fass wurde heute abgefüllt. Etwas später als geplant, aber das macht bei der beabsichtigten Lagerungszeit auch nicht aus.

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