Kein Whisky mehr von Mosgaard

Mosgaard FässerDie Nachricht wird in deutschen Landen wahrscheinlich nur ein paar eingefleischte Whiskynerds interessieren. In Dänemark schlug der doch sehr überraschende Newsletter aus dem Hause Mosgaard Whisky gestern jedoch ein wie eine kleine Bombe. In den sozialen Medien wurde die Entscheidung von Jes Mosgaard mit einer Mischung aus Enttäuschung, Dank, Bestürzung und Respekt beantwortet. Jes konnte sich seinen Traum, in Dänemark guten Whisky herzustellen, zwar erfüllen – der Traum geht nur leider aus gesundheitlichen Gründen viel zu früh zu Ende.

Jes und Gitte Mosgaard wagten den Sprung aus einem geregelten Arbeitsleben als Akustiker und Sozialpädagogin in die Produktion von Whisky im Jahre 2015. In der beschaulichen Ortschaft Oure im südlichen Fünen kauften sie einen kleinen Hof und bauten eine Mikrobrennerei auf, in der sie nach schottischem Vorbild Whisky herstellen wollten. Anders als viele andere Brennereien, die sich gleiches vornahmen, gelang es dem Perfektionisten Jes jedoch, in den folgenden 9 Jahren sehr nahe an das Original heranzukommen.

Nachdem in den ersten Jahren noch Gin und junger Malzbrand zur Finanzierung des Vorhabens produziert und verkauft wurde, folgten ab 2019 die ersten Single Malts aus Einzelfässern und als Batches mit spezieller Lagerung. Diese Lagerung in eigens von Mosgaard designten und für Mosgaard hergestellten Fässern sollte in der Folge auch das Markenzeichen der Produkte werden. Gutes Handwerk und fundiertes Wissen waren für Jes Mosgaard generell eine Voraussetzung für hohe Qualität. Das galt sowohl für Fässer als auch für die Produktion des Destillates, die mit den Jahren konstant verbessert wurde.

Verkauft wurde Mosgaard Whisky nicht nur in Europa sondern auch in Asien. In den letzten Jahren ging man zudem Partnerschaften mit der Scotch Malt Whisky Society (SMWS) sowie dem unabhängigen Abfüller Berry Brothers & Rudd ein. Die Marke Mosgaard wurde in kurzer Zeit zu einer Messlatte und einem Aushängeschild für Whisky aus Dänemark, wovon auch aktuelle Reaktionen von vielen Mitbewerbern in den sozialen Medien zeugen. Wo Stauning durch namhafte Hilfe populär wurde, schaffte Mosgaard dies durch organisches Wachstum, durch viel Fleiß und durch viel Schweiß.

Anerkennung erfuhr man unter anderen durch diverse Auszeichnungen, nicht zuletzt bei den diesjährigen World Whiskies Awards, bei denen man in 3 Kategorien zum besten dänischen Whisky und in einer weiteren Kategorie (small batch category) gar zum weltbesten Whisky (Moscatel Cask) gewählt wurde. Jes Mosgaard sieht darin auch eine Bestätigung seiner Philosophie: Lagerung in Quarter Casks, die oft aus Dauben ehemaliger Bourbonfässer gebaut wurden, und ein nachfolgendes Finish, in diesem Fall eben in einem Moscatel Fass mit salinem Touch.

Jes Mosgaard im WarehouseJes Mosgaard im Warehouse

Diese Reifung in kleineren Fässern macht natürlich eine kürzere Lagerung möglich. Mosgaard Whisky reifte bisher oft nur zwischen 4 und 6 Jahre, inklusive Finish. Doch auch wenn kleine Fässer in kurzer Zeit sehr viel Aroma abgeben, kann man die Abfüllungen von Mosgaard trotz aller Aromenintensität durchaus als harmonisch und balanciert bewerten. Hier spielt sicherlich Jes‘ Wissen über Fassmanagement eine große Rolle. Neben einer Erstlagerung in Bourbonfässern, Virgin Oak, Port oder Madeira gab es eine Vorliebe für Finishes in ehemaligen Sherryfässern aller Arten (Oloroso, Pedro Ximenez, Moscatel, Manzanilla, Amontillado und Palo Cortado).

Voraus der relativ kurzen Lagerung nahm man sich vergleichsweise viel Zeit für das Maischen, das Fermentieren und das Brennen. Die Gärung dauert beispielsweise doppelt so lange wie in vielen schottischen Brennereien und führt zu fruchtigeren Aromen. Der New Make weist nach dem Brennen dann Malzsüße und Noten von Pfirsich und Apfel auf. Das ist ein ganz anderes Niveau, als man es bei vielen anderen jungen – auch schottischen – Brennereien findet.

Nach 9 Jahren harter Arbeit, vielen Erfolgen und einer stetig wachsenden Schar von Menschen, die sich an Mosgaard Whisky erfreut, entschied man nun leider, dass es wegen einer ernsthaften Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes von Jes Mosgaard in den letzten 2 Jahren nicht weitergehen kann. Im Newsletter ist die Rede von Burn-Out, von permanenten kognitiven Schäden und davon, dass Jes nie wieder arbeiten werden kann. Obwohl Ehefrau Gitte und Tochter Anne in den letzten Monaten mehr und mehr Verantwortung übernommen haben, musste man einsehen, dass es ohne Jes nicht geht.

Warum mir diese Nachricht so viele Zeilen wert ist? Weil ich einfach von Mosgaard’s Whisky als auch von Jes als Person beeindruckt bin und denke, dass mit der Schließung von Mosgaard der Whiskywelt etwas verloren geht. Wer noch keinen Single Malt von Mosgaard probiert hat, sollte es nachholen, solange es noch Flaschen zu halbwegs vernünftigen Preisen gibt. Sie sind, keine Frage, nicht günstig, aber ich habe bisher noch niemanden getroffen, dem ein (kostenloser) Dram nicht geschmeckt hätte. Und ich habe vielen Leuten davon eingeschenkt.

Jes Mosgaard im StillhouseJes Mosgaard im Stillhouse

Jes und Gitte habe ich zum ersten Mal 2019 auf einer Whiskymesse in Kopenhagen getroffen, bei der sie ihren neuen Single Malt der Öffentlichkeit präsentierten. Es war das Peated Batch #1 und, wenn ich mich recht erinnere, das Oloroso Batch #1. Bei Erstem bin ich mir sehr sicher, da ich ihn als ersten Dram an diesem Tag probierte und einfach nur „baff“ war. Dieser Malt musste sich nach nur dreijähriger Reifung bestimmt nicht hinter seinen Artgenossen von Islay verstecken. Er erinnerte mich wegen seiner unterschwelligen Süße gar an richtig gute Malts von Ardbeg aus vergangener Zeit, nur mit mehr Rauch.

Danach hat sich Jes noch bestimmt eine halbe Stunde Zeit genommen, um mit mir über sein Projekt zu reden. Er wirkte sehr passioniert, ehrlich, detail- und qualitätsverliebt und gab zu, dass er und seine Familie für die Verwirklichung seines Traums einen mutigen Schritt wagten. Nicht zuletzt hatte er offensichtlich einen guten Geschmack. Auch der New Make – wenngleich auf 46% verdünnt – war schon damals erstaunlich gut. Der Plan, einen weichen, runden und fruchtigen Whisky zu produzieren, der Jedermann schmecken kann, ist von Anfang an aufgegangen. Es ist, nicht nur in meinen Augen, einer der besten jungen Whiskys der Welt.

Mitte 2020 gründete sich dann die Mosgaard Whisky Society auf Facebook, die zu schreibender Stunde 826 Mitglieder zählt. Mosgaard selber trug mit einigen Single Cask Abfüllungen zum Erfolg der Society bei, die eigentlich alle schneller vergriffen waren, als sie getrunken werden konnten. Speziell dieser gemeinschaftliche Gedanke sowie Feedback und Unterstützung von Kundenseite aus lagen Mosgaard immer sehr nahe.

Mosgaard Vatting EventMosgaard Vatting Event 2023

Ich habe im Laufe der Jahre etliche Abfüllungen probieren können und bin nie enttäuscht worden. Sicherlich gab es einige Drams, die nicht völlig meinem Geschmack entsprachen, aber das gehört dazu. Ein Höhepunkt in Zusammenhang mit Whisky von Mosgaard war aber der Nachmittag in Oure Ende letzten Jahres, wo wir uns unseren eigenen Whisky mischen konnten. Meiner wurde ein Vatting aus 50% Port (4,5yo), 20% Amontillado (5yo), 20% PX (5yo), 10% Palo Cortado (5yo). Zum Reinknien lecker. Das zeigte mir einmal mehr, wie gut sich das Destillat von Mosgaard mit Sherry- und Portweinlagerung verträgt. Ich füllte mir gleich noch eine zweite Flasche ab.

Jes und Anne traf ich Mitte September noch auf dem Whiskyherbst in Berlin. Es gab wieder einen langen Schwatz mit ihm, aber nach außen hin keine Anzeichen für eine schlechte Gesundheit. Jes wirkte nach zwei Tagen Messedienst lediglich etwas müde, was ich nur zu gut verstehen konnte. Umso überraschter war ich also ob des Newsletters, der uns nun, nur knapp 3 Monate später, erreicht hat.

Ich wünsche Jes und der Familie Mosgaard an dieser Stelle von Herzen alles Gute für die Zukunft und natürlich gute und schnelle Besserung. Ha‘ det godt, Jes!

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