Fast jeder, der online schon einmal nach Whisky gesucht hat, wird in den Suchergebnissen über die Preisvergleichsplattform idealo.de gestolpert sein. Egal ob Elektroartikel, Mode, Gaming oder eben Whisky – mehr als 50.000 Händler verlinken hier ihre Produkte. Mir wurde von idealo neulich angeboten, einen Blick auf die internen Preis-, Klick- und Leadstatistiken für die Produktgruppe „Whisky“ nehmen zu können. Und da dort zu schreibender Stunde über 29.000 Whiskys gelistet sind, dachte ich mir, dass so eine statistische Auswertung für einen Beitrag über die Vorlieben von Whiskykäufe(r)n ganz interessant sein kann.
Als ich die Statistiken zum erstem Mal durchsah, vielen mir spontan zwei Zitate ein: „Zahlen lügen nicht“ und „Traue keiner Statistik, die du nicht selber verfälscht hast“. Die Wahrheit liegt wohl auch hier irgendwo in der Mitte. Ich werde in Folgenden immer mal wieder auf Einschränkungen zu den präsentierten Zahlen eingehen, um diese nicht völlig unkritisch in den Raum zu stellen.
Vorneweg ist es noch wichtig zu erwähnen, dass die Zahlen nicht für Whisky(ver)käufe stehen, sondern „nur“ die Suche nach bestimmten Whiskys bzw. Weiterleitungen zu Shops von Onlinehändlern repräsentieren. Diese Vorgänge werde ich der Einfachheit halber im Folgenden „Nachfrage“ nennen. Was am Ende ge- und verkauft wurde, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Zudem basieren einige der Auswertungen auf Ergebnissen der Nutzung von Filterfunktionen, die die Plattform anbietet. Hier ist die Datengrundlage der Filter für „Aroma“ bzw. „Geschmack“ mit zusammen 60% aller genutzten Filter am aussagekräftigsten. Es folgen die Filter „Alkoholgehalt“ und „Herkunftsland“ mit 15% sowie 9%. Der Filter „Alter“ ist mit nur 6% erstaunlicherweise ebenso wenig genutzt wie „Fassart“ mit 3% oder „Region“ mit 2%.
Also dann… Whiskysuche statistisch. Schauen wir einmal, welche Whiskys die Deutschen so interessieren.
Um die Nachfrage nach Whisky in Perspektive zu anderen Getränken mit höherem Alkoholgehalt zu stellen, hier eine erste Grafik. Ich bin überrascht, dass die Online-Nachfrage nach Whisky in Deutschland höher ist als die für Wein. Oder auch wieder nicht. Denn Wein, der im Großen und Ganzen deutlich weniger kostet als Whisky, wird man eher mal im Supermarkt mitnehmen als dass man versucht, noch ein paar Cent Online sparen zu können, dann aber Versandkosten bezahlen muss.
Im Gegensatz zu den allgemein kolportierten Mengen, die von den verschiedenen Whiskyarten produziert werden, scheint man in Deutschland ein gesteigertes Interesse an Single Malt Whisky zu haben. Blended Whisky, der eigentlich für das Gros des in Schottland hergestellten Whisky steht, ist offensichtlich in anderen Ländern populärer. Und ob die 0,4 Promille der Klicks, die zu alkoholfreiem Whisky führen, auch in einem Kauf enden? Ich möchte es bezweifeln.
Wo wird also der Whisky hergestellt, für den sich die Deutschen interessieren? Knapp drei Viertel der Suchen führen nach Schottland und in die USA. Zwei Ergebnisse liegen für mich jedoch nicht direkt auf der Hand: erstens ist Whisky aus Japan nach dieser Statistik beliebter als Whisky aus Irland, und zweitens sucht kaum jemand nach Whisky aus England (0,1%), obwohl in den letzten Jahren auch hier eine florierende Whiskyszene gewachsen ist. Eventuell ist das aber auf die verhältnismäßig geringe Nutzung dieses Filters zurückzuführen.
Gräbt man ein wenig tiefer in den Statistiken und teilt Länder in Regionen auf, warten weitere Überraschungen. Die schottische Region mit den meisten Brennereien und wo nach allgemeinem Dafürhalten klassischer schottischer Whisky hergestellt wird, die Speyside, wird knapp von der Isle of Islay mit ihren 8 eingesessenen Destillerien geschlagen. Zudem liegt auch die Isle of Skye mit ihrer einen bekannten Brennerei (Talisker) recht gut im Rennen. Marketing „made by the sea“ scheint sich also zu lohnen.
Dazwischen liegen noch Kentucky mit den Zugpferden Maker’s Mark, Jim Beam und Buffalo Trace sowie Tennessee (Jack Daniel’s) mit zusammen ungefähr 12%. Von hier ist es jedoch noch ein gewaltiger Sprung zu den mehr als 29%, die nach Whisky aus den USA suchen. Die entstehende Differenz von 17% kann ich hier nur mit einem verzerrten Bild aufgrund der geringen Filternutzung erklären.
Auffällig war für mich in der letzten Übersicht die verhältnismäßig große Beliebtheit von Regionen, in denen traditionell rauchiger oder salziger Whisky hergestellt wird. Diese Aromen sind meiner Erfahrung nach nicht für die große Masse geeignet. Und dennoch scheinen genauso viele Menschen nach Whisky mit viel bzw. sehr viel Rauch (oder „Torf“) zu suchen wie nach Whisky, die keine Raucharomen haben. Da aber auch diese Statistik auf der Auswertung eines Filters basiert, der nur selten(st) genutzt wird (1%), sollte man das nachfolgende Ergebnis nur mit einer Prise Salz genießen. Jedoch ist die geringe Nutzung als solche sehr erstaunlich, da diese Eigenschaft von Whisky in der Regel die Spreu vom Weizen trennt.
Kommen wir zu einem Kriterium, dass eigentlich recht wichtig sein sollte: dem Alter. Die große Mehrheit der angefragten Whiskys reift über einen Zeitraum von 10 bis 18 Jahren – etwas mehr als 72%. Die klassischen Altersangaben von 10, 12, 15 und 18 Jahren haben daran einen Anteil von 67,5%. Obwohl Whiskys ohne Altersangabe (NAS, no age statement) in der Statistik nicht enthalten sind, interessieren sich immer noch erstaunliche 11% der Nutzer für Whisky mit einem Alter bis 6 Jahren. Da es sich bei den angegebenen Zahlen nicht um Käufe sondern nur um die Anwendung eines Filters handelt, ist es für mich überraschend, dass sich kaum jemand alte 40- und 50-jährige „Jubiläumswhiskys“ ansieht. Gucken kostet doch nichts, und bei solch alten Abfüllungen werde ich zumindest neugierig, ohne dass sich wegen der gehobenen Preisklasse gleich ein Kaufreflex zeigt.
Bevor ich statistische Informationen zu der Eigenschaft „Geschmack“ gebe, will ich noch kurz auf Fassarten eingehen, die ja neben dem Destillationsprozess den Geschmack von Whisky maßgeblich beeinflussen. Zu den dargestellten Ergebnissen ist zu sagen, dass die zugrunde liegenden Daten zu fragmentiert und inkonsistent sind, als dass ich sie hier sinnvoll hätte präsentieren können (48 Einträge). So werden unter dem Begriff „Bourbonfass“ beispielsweise die Nachfragen nach „amerikanischer Weißeiche“ oder „First Fill Bourbon“ zusammengefasst. Ein „Eichenholzfass“ kann sowohl für ein „Bourbonfass“ oder für ein Fass aus „europäischer Eiche“ stehen, in dem vorher Sherry gelagert wurde. Dies hinterlässt – ebenso wie die vernachlässigbare Nutzung des entsprechenden Filters – eine Menge Interpretationsspielraum.
Nun also zum Geschmack. Whisky bietet eine Menge Aromen. Diese Aromenvielfalt macht die Beschäftigung damit so spannend. Da die Statistik unüberschaubare 295 Aromen erfasst hat, die sich teilweise noch überlappen, habe ich mich in der folgenden Grafik auf die 20 meistgesuchten begrenzt und auch hier ein paar überlappende Beschreibungen wie „holzig“, „Eichenholz“ und „Eiche“ unter dem Begriff „Holz“ zusammengefasst. Gleiches gilt unter anderem für „weich“, „seidig“, „geschmeidig“ und „sanft“ oder für „nussig“, das auch „Mandel“, „Walnuss“, „Nuss“, „Nüsse“ und „Haselnuss“ abdeckt.
Wie auch immer, Vanille ist trotz aller Vereinfachungen unangefochtener Spitzenreiter. Es folgt das who-is-who von Aromen, die Whisky so interessant machen. Überrascht bin ich jedoch über den geringen Status, den „Rauch“ in den Nachfragen hat, obwohl der Filter „Geschmack“ doch aufgrund seiner häufigen Nutzung sehr repräsentativ sein sollte. Ebenso überraschend ist, dass „Kaffee“ mit 0,8% ziemlich abgeschlagen ist. Ich finde entsprechende Aromen eigentlich sehr häufig in Whisky, der länger reifen durfte. Aber das ist eben Geschmackssache.
Ich befürchte auch, dass die Top 10 der am häufigsten nachgefragten Whiskys ein verfälschtes Bild zeichnet. Auf jeden Fall empfinde ich die Reihenfolge rein subjektiv als merkwürdig. Wenn Single Malt Whisky, wie zuvor gezeigt, mit 71% der große Nachfragefavorit der Deutschen ist, warum tummeln sich dann so viele Blended Whiskys in dieser Top 10? Wird ein Lagavulin 16yo wirklich so häufig gesucht und angeklickt? Wie kann es sein, dass ein Glenmorangie 10yo mehr als 4 mal weniger nachgefragt wird und nur auf Rang 19 liegt? Und ein Allerweltsstandard wie der Glenfiddich 12yo auf Rang 36? Habe ich wirklich ein so verzerrtes Bild der Whiskywelt? Oder gibt es einen großen Unterschied zwischen Whiskykäufen und Whiskynachfragen? Fragen über Fragen…

Die Statistik zur Preisentwicklung der letzten 5 Jahre hinterlässt hingegen weit weniger Fragen. Sie bestätigt vielmehr das Gefühl, das mein kleiner linker Zeh schon längere Zeit hatte: der Durchschnittspreis von Whisky (wenigstens von denen, die bei idealo.de gelistet sind) hat sich verdoppelt. Dabei liegt die Zahl der Whiskys mit einem Preis über dem aktuellen Durchschnitt nur bei ungefähr 1700. Es scheint also tatsächlich die große Masse der „günstigen“ Abfüllungen zu sein, die den Durchschnittspreis beeinflussen.
So weit also zu den Zahlen. Ich fand es ganz interessant, etwas mehr über die Vorlieben von Menschen zu erfahren, die nach Whisky suchen. Die Statistiken zeigen dabei einige überraschende Ergebnisse. Aber sie sind teilweise auch mit Vorsicht zu genießen. Genauso wie Whisky, damit die Gesundheit keinen Schaden nimmt.