Anam na h-Alba – die Seele Schottlands

Anam na h-Alba mit Chris Melanie und TomWer weiß, was oder wer ‚Anam na h-Alba‘ ist? Kurze Aufklärung: Es ist die gälische Übersetzung des Begriffs ‚die Seele Schottlands‘ und der Name eines unabhängigen deutschen Abfüllers von Malt Whisky aus Schottland und Irland. In den letzten Tagen machten immer wieder Neuigkeiten über Anam na h-Alba die Runde, die nicht nur für Anam na h-Alba sondern auch für Whiskyliebhaber einige erfreuliche Veränderungen mit sich bringen werden. Genau die richtige Zeit also, Thomas Skowronek (rechts im Bild) ein wenig über seine Vergangenheit und die Zukunft von Anam na h-Alba zu befragen…

WJ: Tom, Anam na h-Alba gibt es als Label ‚erst‘ seit 2011, private Teilungen von Fässern von beispielsweise Glengoyne, Bladnoch oder Glenglassaugh hast du aber schon viel früher angeboten. Was bewegt einen Malthead, Whisky nicht mehr nur flaschenweise zu kaufen? Hast du eine sehr soziale Ader und teilst gerne mit anderen?

TOM: Ob ich eine soziale Ader habe mögen andere beurteilen. Sicher spielte damals eine Menge Whiskyromantik mit hinein, schließlich hatte man ja sein eigenes Fass in einer Brennerei liegen und damit am Ende einen einzigartigen Malt. Dazu kamen aber pragmatische Gedanken. Was macht man hinterher mit eventuell 300 oder 350 Flaschen des gleichen Whiskys?
Die Idee, das Fass zwischen mehreren Leuten aufzuteilen, so dass am Ende jeder 6 oder 7 Flaschen hat, lag nahe, zumal die Idee ‚Fassteilung‘ nicht neu war, sondern schon mehrere Jahre im heutigen Whiskymania-Forum unter anderem auch von Privatleuten lief. Letztendlich waren die Fassteilungen der Vergangenheit somit auch nur ein flaschenweiser Kauf.

WJ: Du hast mir einmal in gemütlicher Runde erzählt, dass es nicht (mehr) so einfach ist, gute Fässer zu vernünftigen Preisen von Brennereien und Brokern zu bekommen. Jeder will aus dem Hype um Whisky scheinbar sein Maximum herausholen. Dennoch sind du und deine Frau Melanie seit 2013 im Hauptberuf als Unabhängige Abfüller unterwegs. Was hat euch dazu bewogen, aus dem Hobby mehr zu machen?

TOM: Zunächst: Meine Frau hat immer noch ihren normalen Beruf, ist aber erst in den letzten eineinhalb Jahren immer mehr reingewachsen und hat mir eine Menge Arbeit abgenommen.
In 2012 hat mir mein damaliger Arbeitgeber eröffnet, dass man sich von mir trennen wolle. Eigentlich wollte ich wegen der Sicherheit weiter in meinem Beruf arbeiten, aber mit 48 Jahren gestaltet sich das schwierig, wenn man sich nicht extrem verschlechtern will.
Aufgrund der vielen Fassteilungen in den deutschen Whiskyforen hatte ich ein Nebengewerbe angemeldet, weil das den Import nach Deutschland wesentlich erleichterte. In der Zeit meiner Freistellung und der Arbeitslosigkeit entschloss ich mich, aus dem Hobby Whisky einen Beruf zu machen. Sicherlich kam mir zugute, dass ich mir bereits einen kleinen Namen, zumindest in Deutschland, gemacht hatte, mit 500 potenziellen Kunden anfing sowie einerseits über Kontakte verfügte und mir neue verschaffte.

WJ: Kannst du vielleicht kurz beschreiben, was dazu gehört, wenn man heute ein gutes Fass erwerben möchte – außer einem gut gefüllten Geldbeutel.

TOM: Drei Dinge: Kontakte, Kontakte, Kontakte.

WJ: Wer bestimmt denn bei euch, welche Fässer am Besten in euer Portfolio passen? Und welche Fässer passen in euer Portfolio? Eure Abfüllungen sind geschmacklich ja sehr breit angelegt.

TOM: Grundsätzlich passen alle Fässer in unser Portfolio, solange sie aus Schottland oder Irland stammen und uns geschmacklich überzeugen. Von daher ist natürlich eine große Bandbreite gegeben.
Melanie ist die ‚Nase‘ und trifft eine Vorauswahl – die ich natürlich überprüfe. Ich selber bin ‚Nase‘ und ‚Geschmack‘. Seit ca. 18 Monaten ist Chris noch mit an Bord. Er ist der Mann für unsere Tastingnotes, auf dessen Meinung wir großen Wert legen.

WJ: Und welcher Geschmack liegt in eurem Geschmack?

TOM: Wir sind für alle Richtungen offen, da gibt es keine Vorlieben. Offensichtlich treffen wir aber mit unserem Geschmack 80% der Whiskytrinker.

WJ: Mit vielen Volltreffern. Anam na h-Alba hat zusammen mit privaten Abfüllungen in den letzten 6 bis 7 Jahren weit über 100 Fässer diversester Brennereien abgefüllt, einige davon sind schon echte Klassiker. Das ist eine ziemlich hohe Schlagzahl. Hast du keine Angst, dass der Markt irgendwann einmal gesättigt sein könnte? Viele sehen ja schon eine Ende des Whisky-Booms voraus.

TOM: Die Schlagzahl mag hoch erscheinen, allerdings sind eine Reihe von Abfüllungen dabei, von denen wir jeweils nur kleine Mengen oder ein halbes Fass bekommen haben, in Auflagen von 60 bis 120 Flaschen. Insofern relativiert sich die Sache. Ein – wohl leider utopisches – Ziel bleibt, aus jeder Brennerei einmal etwas unter unserem Label abgefüllt zu haben.

WJ: Dann bin ich auf euren ersten Port Ellen gespannt… Aber wie siehst du den Markt? Ist da wirklich auf Dauer genug Platz für die kleinen Abfüller und hunderte verschiedener Abfüllungen im Jahr? Ein paar haben sich ja schon zurückgezogen. Überleben dann hier nur die mit dem besten Kontakten? Wird der klassische Broker in Zukunft auch von der Bildfläche verschwinden?

TOM: Eventuell wird es ein paar kleine unabhängige Abfüller treffen und sie verschwinden vom Markt. Es wird, denke ich, pro Abfüller auch nicht mehr vierteljährlich 6 oder 8 neue Sachen geben. Ohne Kontakte geht gar nichts. Wer keine hat, wird sehr schwer gute Fässer finden.
Ich denke aber nicht, dass der klassische Broker vom Markt verschwindet, denn sollte die Blase wirklich platzen, kommt eine ganze Menge Stoff in den Markt.

WJ: Man sieht euch oft auf Whiskymessen. Welchen Stellenwert hat eine Präsenz dort für euch? Spaß scheint es euch ja auf jeden Fall zu machen.

TOM: In erster Linie vertreten und präsentieren wir unsere eigene Marke. Messen sind sehr willkommen, da man gesehen wird und mit seinen Kunden, die man sonst nur aus dem Netz kennt, interagiert. Es macht vor allem Spaß, Neulingen und Anfängern Whisky und das Drumherum zu erklären.

WJ: Anam na h-Alba hat dieses Jahr zum ersten Mal selber eine Whiskymesse organisiert, die Just Whisky in Oberhausen – mit großen Erfolg, wie es heißt. Zusammen mit anderen Veranstaltern in Mülheim, in Bochum und meinetwegen auch noch in Düsseldorf habt ihr das Ruhrgebiet in den letzten Jahren auf die Whiskylandkarte geholt. Die Locations sind dabei durchweg einmalig, Aussteller und Abfüllungen können begeistern. Was ist das besondere am Ruhrgebiet, wenn es um Whisky geht? Wo siehst du die Beziehung zwischen den Menschen im Pott und gutem Whisky aus Schottland?

TOM: Ob das Ruhrgebiet so besonders ist, was Whisky betrifft, vermag ich nicht zu sagen. Sicherlich geht der Whiskyboom auch an unserer Region nicht spurlos vorbei. Ich kann Dir diese Frage nicht wirklich beantworten, werde mir das aber mal genauer durch den Kopf gehen lassen.

WJ: Seit Neuestem ist Anam na h-Alba auch Exklusivimporteur und -distributor für die Farmbrennerei Strathearn in Deutschland. Mein Glückwunsch dazu! Aber wie groß ist der Schritt vom Abfüller zum Importeur? Wollt ihr euch auf Dauer umorientieren?

TOM: So groß war der Schritt jetzt nicht, die Planung dazu lief schon geraume Zeit. Es handelt sich definitiv um keine Umorientierung sondern es geht darum, sich selber breiter aufstellen und die eigene Firma weiter voranzubringen.
Ein erster Schritt war die Just Whisky Oberhausen, ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die Eröffnung eines kleinen, spezialisierten Shops im Dezember. Wir werden aber weiter Abfüllungen unter dem Label Anam na h-Alba machen.

WJ: Das freut mich sehr zu hören. Aber warum gerade Strathearn? Große Flaschenmengen sind bei der Produktionskapazität der Brennerei ja nicht zu erwarten. Können die Kleinen auf Sicht überhaupt gegen die Großen bestehen?

TOM: Die Frage aller Fragen… leihst Du mir eine Kristallkugel?
Ernsthaft: Wir sind vom Konzept der kleinen Craft Distilleries überzeugt. Whisky, wie er früher produziert wurde, reine Handarbeit, keine großindustriellen Produktionsstätten sondern ‚back to the roots‘. Die Möglichkeit, schnell und unkompliziert zu handeln.
Dazu werden diese Whiskys absolut hochwertig und exklusiv sein. Jeder Whisky ein Single Cask Single Malt. Wir denken, dass diese kleinen Brennereien eine Nische gefunden haben und besetzen werden. Das kleine, aber exquisite Team von Strathearn hatte eine Idee und hat diese konsequent verfolgt. Dazu kommt, dass unsere Philosophien sich sehr nahe kommen.

WJ: Ich hatte noch nichts von Strathearn im Glas, weder deren Gin noch einen New Make und auch der erste Whisky wird erst im Herbst 2016 fertig sein. Vielen wird es sicher ähnlich gehen, und viele werden nicht einmal den Namen der Brennerei gehört haben. Welchen Stil können wir überhaupt von Strathearn erwarten?

TOM: Strathearn kann aufgrund der geringen Größe schnell und flexibel reagieren. Es wird peated und unpeated New Make Spirit hergestellt, dazu noch eine Triple Destillation, ein für die Highlands doch ungewöhnlicher Stil. Master Distiller Zak Shenfield ist mit seinen gerade einmal 22 Jahren vor kurzem zum ‚Young Distiller of the Year‘ ausgezeichnet worden und absolut experimentierfreudig.
Und wenn man bisher noch nichts von Strathearn gehört hat – das wird sich ab sofort ändern. Spätestens ab Januar werden wir, ähnlich wie bereits Wolfburn oder Ardnamurchan, New Make zum Probieren auf Messen dabei haben, dazu auch den Gin in seinen drei Sorten ‚Classic‘, ‚Heather Rose‘ und ‚Oak Highland‘. Letzterer hat übrigens bei den Craft Distillers Awards die Goldmedaille geholt hat.

WJ: Und wer bringt uns in Zukunft die Tropfen von Hearach, Raasay, Annandale, Ballindalloch, Cotswolds, Eden Mill oder auch aus der Glasgow Distillery nach Deutschland?

TOM: Spekulatius…?

WJ: Nach all den Erfolgsgeschichten für Anam na h-Alba habe ich zum Abschluss noch eine aktuelle und etwas brisantere Frage an dich: Welche Bedeutung hat der Begriff ‚Teufelsfass‘ heute für dich?

TOM: Ärger im Vorfeld, größerer Ärger nach Abwicklung, aber letztendlich ein geiler Whisky und damit bei der Auswahl alles richtig gemacht.

WJ: Das stimmt allerdings! Gibt es damit auch in Zukunft noch Abfüllungen von Glenfarclas unter eurem Label oder vom Kirchhellener Private Tasting Circle… wenn sie euch lassen und ihr das Richtige findet?

TOM: Kurz und knapp: Ja.

WJ: Das wollen wir hören! Tom, vielen lieben Dank für die Zeit, die du dir genommen hast.
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